Speyer Wissenschaftlicher Einsatz gegen Ungerechtigkeiten

Die Soziologin Annette Knaut hat seit November die Klara-Marie-Faßbinder-Gastprofessur an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften (DUV) inne. Sie will in dieser Funktion bei den angehenden Verwaltungs- und Rechtswissenschaftlern ein höheres Bewusstsein dafür schaffen, wie in der Gesellschaft Chancenungleichheit von Männern und Frauen entsteht.

„Frauen in Führungspositionen – Zur diskursiven Darstellung von Geschlecht im öffentlichen Raum“ lautet der Titel eines der beiden Seminarangebote, die die Studierenden der Universität Speyer im Wintersemester 2014/15 wahrnehmen können. Über die vom Landesbildungsministerium vergebene Klara-Marie-Faßbinder-Gastprofessur ist die Landauer Soziologin Annette Knaut nach Speyer berufen worden. Dort vermittelt sie unter anderem, wie Massenmedien die Wahrnehmung davon maßgeblich prägen, wie zum Beispiel Frauen in Führungspositionen sein sollen. „Diese Darstellung, die von Massenmedien konstruiert wird, ist aber nie neutral“, betont Knaut. Die Art der Bilder, die von Frauen und Männern gemacht werden, könnten aber soziale, kulturelle und wirtschaftliche Ungerechtigkeiten innerhalb der Gesellschaft fördern oder verringern. „Wenigstens ein Modul zur Genderforschung sollten Studierende unabhängig von ihrem Studienfach während ihrer universitären Ausbildung durchlaufen haben“, fordert Knaut. „Auch wenn in Deutschland viele der Meinung sind, dass die Diskussion rund um die Gleichgerechtigkeit der Geschlechter in den Lehrstühlen zur Genderforschung gut aufgehoben sei, lässt sie sich aus keiner wissenschaftlichen Disziplin ausnehmen“, so Knaut. Ihren Doktortitel hat sie schon, derzeit arbeitet sie an ihrer Habilitation, der Lehrberechtigung in Politikwissenschaften. Obwohl viele ihrer Studierenden mit den Begriffen „Sex“ und „Gender“ etwas verbinden könnten, sei das Bewusstsein dafür, wie Chancenungleichheiten zustande kommen, eher gering. Und das betreffe in der Wissenschaft alle Fachgebiete. „In den Rechts- und Verwaltungswissenschaften ist ein gendersensibler Blick wesentlich“, sagt sie. Der soziologische Begriff „Gender“ bezeichnet nicht das biologische Geschlecht, sondern die gesellschaftlich zugeschriebenen Geschlechterrollen. Dabei müsse die Wissenschaft verstärkt auch die Rollenzuschreibungen von Männern mitbedenken. Ein Fokus allein auf die Frauenrechte reduziere den Blickwinkel gesellschaftlicher Entwicklungsmöglichkeiten. Seit 15 Jahren lässt sich Knaut zufolge eine Rückbewegung „in althergebrachte Rollenmuster“ feststellen. In den USA beispielsweise würden immer mehr Frauen wieder in die Rolle als Hausfrau gedrängt, erzählt sie. Auch wenn inzwischen die Frauen- und Genderforschung schon viel verändert habe, sei Geschlechtergerechtigkeit nicht erreicht. „Die Frage von sozialer, kultureller und ökonomischer Teilhabe ist darüber hinaus in religiösen Zusammenhängen und mit Blick auf die Hautfarbe zu stellen“, sagt die Wissenschaftlerin. Dabei sei die Vielfalt von Eigenschaften, die Menschen weltweit haben, der größte Schatz, betont die Soziologin. Bis Ende Januar haben die Studierenden noch die Möglichkeit, bei ihr in Speyer tiefer in Grundlagen der Genderstudies einzusteigen.

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