Speyer Wenn Improvisationen Flügel wachsen

Marianische Orgelmusik zum Marienmonat Mai hat es am Donnerstagabend im gut besuchten Dom gegeben – vorgetragen von einem gebürtigen Speyerer: Ruben Johannes Sturm, seit 2010 Domorganist in Rottenburg und Professor an der dortigen Hochschule für Kirchenmusik. Ein erlesenes Programm hat der 35-jährige Musiker mitgebracht, ebenso farbenreich wie klanggewaltig.

In Frankfurt/Main hat Sturm Kirchenmusik und Orgel studiert, 2008 gewann er den ersten Preis beim bundesweiten Wettbewerb Orgelimprovisation im Gottesdienst. Der Improvisation gehört seine besondere Liebe, und auch in Speyer ließ er von dieser Kunst reichlich hören. Begonnen aber wurde mit der „Esquisse gothique“ von Jean Langlais: Mächtige Akkordgebirge ließ der Organist dabei zwischen der Hauptorgel und der Chororgel in Dialog treten. Da kam das Choralhafte auch mal in kräftigen, tänzerischen Schwung. Eine Partita im deutschen Barockstil improvisierte Sturm über das Lied „Kommt Christen, kommt zu loben, der Mai ist froh erwacht“. Dabei wusste er das Schlichte, Liedhafte kunstvoll auszugestalten – mit lebhaften Verzierungen, lebendig tanzenden Gegenstimmen. Ein vergnügliches Trio gab es dabei ebenso wie einen schwungvollen Schlusssatz, ein hedonistischer Maientanz. Exquisite Raritäten ließ der Organist folgen, zunächst mit dem „Ave Maria“ aus Sigfrid Karg-Elerts „Kathedralfenstern“. Erlesene Farben öffnete Sturm dabei aus den Werken der beiden Orgeln, in warmer, aparter Sonorität. Mit labyrinthischen Harmonien und vexierhaften Akkordwechseln gestaltete er ein vielgestaltig schillerndes, kräftig leuchtendes Klangmysterium. Dies leistete er ebenso mit „Communion und Paraphrase-Carillon“ aus Charles Tournemires „L’Orgue mystique“. Rätselhafte Akkordkombinationen und klangreiche Ornamente verdichtete der Organist dabei zu einem Glaubensbekenntnis von großem Zauber. Das Mystische wurde dabei mit großer Lebendigkeit und Modernität angereichert, gesteigert zu gewaltigen, erhebenden Klangmonumenten. Innigste Andacht erweckte Sturm mit dem „Nocturno“ aus Arthur Piechlers „Orgelmusik in fünf Sätzen“. Zum Abschluss musizierte Sturm eine große Improvisation: „Variations symphoniques“ über das „Salve Regina“. Aus der Tiefe, aus dunkel brütenden Klängen des Beginns ließ er die Töne in lichte Sphären emporsteigen, ließ ihnen in fliegenden, flirrenden Flötenregistern Flügel wachsen. Sehr fantasiereich gestaltete der Organist dieses vielgestaltige Werk. Dunkel schleppende Klänge wurden abgelöst von kräftigen, appellhaften die Herrlichkeit ankündigenden Signalen. Triumphale Marschgesten gab es neben lieblichen himmlischen Visionen, seraphisch tönend. Schillernde Ornamente und virtuose Rhythmen am Ende evozierten eine große Freude und die strahlende Herrlichkeit der Muttergottes. Dem großen Beifall folgte eine heitere Zugabe.

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