Speyer Wenn die Seelen klingen

„Klein Jerusalem am Rhein“: Diesem Konzerttitel sind der „King of Klezmer“ Giora Feidman und sein auf rund 40 Musiker angewachsener internationaler Meisterkurs am Mittwochabend in der Speyerer Stadthalle zum zweiten Mal gerecht geworden.

Wieder brachte die von Feidman inspirierte Verbindung jüdischer Klezmer-Musik mit Jazz-, Soul- und Klassik-Elementen die Seelen der Mitwirkenden und Zuhörer zum Klingen. Von irgendwo her, kaum wahrnehmbar und zugleich voller Intensität, berührte Feidmans Klarinette sein Publikum zur Konzerteröffnung. Mit einem auf diese Weise nie zuvor gehörten Pianissimo spielte der 78-Jährige „Hava nagila“ im Saal, steigerte sich, auf der Bühne angekommen, zum Forte, ließ die Klarinette mit Enrique Ugartes Akkordeon sprechen, jauchzen, weinen und lachen. Vergleichbar mit Maurice Ravels „Bolero“ nahmen die Meisterkurs-Teilnehmer die Melodie mit Gitarren, Geigen, Trompeten, Celli, Oboe, Querflöten und Piano auf. Das Publikum unterstützte nach Feidmans Anweisung mit dem gesummten Kammerton „A“. Feidman bezeichnete Musik als „Sprache der Seele“, spielte spontan „Hänschen klein“ für ein Kleinkind im Saal und wandte sich an professionelle und Hobbyfotografen: „Wollen Sie wirklich Musik fotografieren? Bitte nicht.“ Zwei Stunden lang hielten die Sänger und Instrumentalisten die Zeit an. Das gelang auch Feidmans Enkelin, der Harfenistin Hila Ofek, voller Saiten-Poesie und Klarinettist Andre Tsirlin als „Duo Jerusalem“. Als „Klezmers Techter“ spielten sich Almut Schwab, Gabriela Kaufmann und Nina Hacker in die Herzen der Zuhörer. Für ihr kleines Lied aus dem „Shtetl“ habe Sängerin Marlen Michaeli Jiddisch gelernt, berichtete Feidman von dem viertägigen Meisterkurs an der Mainzer Musikhochschule. Dabei seien aus aller Welt zusammengekommene Musiker zu einer Familie geworden. „Soll sein gelebt“ oder „Soll sein gebetet“: Feidman und seine „Mischpoke“ erzählten von Leiden, Liebe, Leben und Tod. Wie Komponist Leonard Bernstein einst sagte: „Lang lebe Giora, seine Klarinette und seine Seelenmusik.“

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