Speyer Wein am Dom: Flüssiger Härtetest
Prädikatsweingüter, Genossenschaften oder Barrique-Forum heißen bekannte Verbände des Rebensaftes. Sie präsentieren sich am Wochenende in Speyer auf der Messe „Wein am Dom“. Für 21 gerade ausgebildete Wirtschafter für Weinbau und Oenologie ist der erste Auftritt mit dem eigenen Wein eine besondere Premiere. Sie wollen von hier aus die Weinwelt erobern.
Egal, wie es Samstag und Sonntag läuft: Einen Erfolg haben die 20 jungen Männer und die eine junge Frau schon in der Tasche, bevor der erste Besucher an ihren Stand in der Galerie Kulturraum tritt: den erfolgreichen Abschluss als Wirtschafter für Weinbau und Oenologie (Kellerwirtschaft) an der Fachschule am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) in Mußbach. Am Montag, direkt nach der Messe also, werden sie als solche dort verabschiedet. Zwei Wintersemester Studium liegen dann hinter den meist 21- und 22-jährigen ausgebildeten Winzern, davon rund 50 Stunden Marketing-Unterricht. Das Fach ist fester Bestandteil der Weiterbildung. Die „Verkaufe“ ihres erstmals komplett selbst hergestellten Weins bedeutet die erste praktische Herausforderung für die Absolventen. „Die Voraussetzungen sind also sehr gut für die Schüler, dennoch ist es eine richtig große Aufgabe für sie“, sagt Christine Freund. Die Bad Dürkheimerin führt nach einem Studium an der Hochschule Geisenheim den Titel Bachelor für Internationale Weinwirtschaft, hat den aktuellen Jahrgang am DLR in Marketing unterrichtet und betreut die Klasse auch bei ihrem Messeprojekt. Zum zwölften Mal besetzt ein Jahrgang einen eigenen Messestand bei der Weinmesse, die bis vor drei Jahren in Bad Dürkheim stattfand. „Die jungen Leute interessieren sich noch in erster Linie für das Produkt. Wenn der Wein in der Flasche ist, ist das für die Praktiker oft schon abgeschlossen, Marketing gilt da noch als Nebensache“, weiß sie. „Aber das Marketing wird immer wichtiger.“ Sie freut sich deshalb, dass der Jahrgang seine letzte Aufgabe gestemmt hat. Stolz ist sie auf das erarbeitete Motto, unter dem der Jahrgang startet: „Ahoi. Junge Winzer brechen auf.“ Der zugehörige Prospekt , der alle Teilnehmer ganz persönlich und das Produkt – ebenso individuell mit den wichtigsten Daten wie Herkunft, Rebsorte, Aroma und Qualitätsstufe – präsentiert, ist der „Ahoj-Brause“ nachempfunden. Der Markenname lautet hier allerdings „JUWI’s“ für Junge Winzer. Ein Foto jedes jungen Winzers lacht den Betrachter an. Jede Seite bietet dazu ein Bewertungs-Barometer, das von „schlecht“ über „trinkbar“ zu „gut“ bis „sehr gut“ reicht. Möglicherweise ein durchaus gelungenes interaktives Marketing-Werkzeug – zum Einstieg in den Abbau von Barrieren zwischen Verkäufer und Kunde. Die Qualität in der Flasche liegt ebenfalls ganz in der Verantwortung der jungen Winzer: „Jeder Wein hat eine Prüfnummer, ist ganz offiziell im Angebot des Betriebes, den der Hersteller vertritt“, betont Freund. Zudem hätten die Schüler ihre Weine in einer Blindverkostung kritisch getestet. „Es sind auch welche durchgefallen“, weiß die Lehrerin. Seit Dezember steht die Kampagne. Die Agentur „Pixelschupser“ aus Neustadt hat geholfen. Weitere Aufgaben: 3000 Euro Etat mussten den Akteuren reichen. „Es hat geklappt“, betont Freund. Zum Glück gibt es viele Sponsoren. Standgebühr fällt auch nicht an. Die bezahlt die Landwirtschaftskammer. „Und wir haben einen guten Platz in diesem Jahr, neben der Jungen Südpfalz“, weiß Marketing-Fachfrau Freund. Das ist ein ob seiner Qualität, Innovationsfreude und des Marketings außerordentlich erfolgreicher „Wein-Spezialverband“ unter dem Dach des Vereins Südliche Weinstraße. Junge Winzer der Region tun gemeinsam vieles für den Wein. Die räumlich Nähe dürfte Kundenfrequenz garantieren. Dennoch: Am Samstag und Sonntag gilt’s. „Es ist für die meisten der erste Auftritt direkt am Kunden“, betont Freund. Der Baustein Messe wird Teil der Ausbildung zum Wirtschafter bleiben. „In der Ausbildung hat sich vieles getan in den vergangenen zehn, 20 Jahren“, betont sie. Das sei an der Qualität des deutschen und auch des Pfälzer Weines abzulesen. Übrigens: Benotet wird der Auftritt der Jungwinzer in Speyer nicht. Die Zeugnisse sind geschrieben, ihre Beteiligung ist darin erwähnt. Die Absolventen können ganz entspannt drauflos „verkaufen“. MEHR ZUM THEMA