Historisches Museum Speyer Warum Brief eines Corona-Leugners in Museum ausgestellt wird

Das Museum will den anonymen Brief als Zeitdokument ausstellen.
Das Museum will den anonymen Brief als Zeitdokument ausstellen.

Mit einem humorvollen Facebook-Post hat das Historische Museum der Pfalz in Speyer auf ein anonymes Schreiben eines Verschwörungstheoretikers reagiert – mit Verweis auf die eigene Ausstellung.

Auf die Rückseite eines Handzettels mit den von der Bundesregierung empfohlenen „Aha“-Regeln (Abstand, Hygiene und Alltagsmaske) verfasste ein Unbekannter eine Nachricht an das Museum, in der er seinen Unmut über die Maskenpflicht äußerte. Der Post erreichte in 48 Stunden knapp 105.000 Menschen. Er wurde auf Facebook über 2300-mal geliked, über 650-mal geteilt und mehr als 1200-mal kommentiert. Noch nie habe ein Beitrag auf der Facebookseite der Einrichtung mehr Interaktionen gehabt, teilt das Museum mit.

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„Mit Maske und Abstand ins Museum? Nein Danke!“, teilt der Verfasser des anonymen Schreibens mit, das am Freitag in der Museumspost gefunden wurde. Er bedauert, dass er unter diesen Umständen leider nicht die Medicus-Ausstellung besuchen könne. Zudem behauptet er, es bestünde gar keine Ansteckungsgefahr mehr, bezichtigt die Politik der Lüge und ruft auch andere zum Boykott der Ausstellung auf.

Vom anonymen Brief zum Zeitdokument

Und wie reagiert das Historische Museum auf das Schreiben? Es freut sich in einem Facebook-Post über das neue Exponat zum Thema Verschwörungstheorien, das ab Montag in der wiedereröffneten Medicus-Ausstellung zu sehen sein soll. Museumsdirektor Alexander Schubert sagt: „Wir haben die Nachricht als Zeitdokument gedeutet und da an elf Stationen zum aktuellen Geschehen auch Verschwörungstheorien behandelt werden, haben wir uns entschieden, diesen Brief in der Ausstellung zu zeigen.“

Schubert betont, dass Verschwörungstheorien kein neues Phänomen in Pandemie-Zeiten seien. „Das ist schon seit dem Mittelalter bekannt. Während der Spanischen Grippe formierte sich etwa eine Anti-Masken-Liga.“ Schubert betont, dass es ihm für sein Museum ein Anliegen sei, diese gesellschaftlichen Entwicklungen im historischen Kontext aufzuarbeiten und gleichzeitig auch ein Forum für Diskussionen zu bieten.

„Halten uns an Empfehlungen des RKI“

Ein paar Anmerkungen gibt das Musem dem anonymen Verfasser auch noch mit auf den Weg: Als Stiftung Öffentlichen Rechts sei die Corona-Bekämpfungsordnung des Landes selbstverständlich bindend und man arbeite stets „auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse und Fakten“. Deshalb stünde das Museum der aktuellen Corona-Forschung respektvoll gegenüber. Das Museumsteam setzte sich aus Überzeugung für den Schutz von Mitarbeitern und Besuchern ein, sagt Schubert: „Wir halten uns an die Empfehlungen des RKI.“

Die aktuellen Corona-Zahlen geben tatsächlich wieder Anlass zur Sorge. Die Infektionsrate steigt seit August wieder an und liegt derzeit laut Robert-Koch-Institut (RKI) beim kritischen Schwellenwert von 1,0. Aktuell gelten 265.857 Menschen als infiziert. Bisher sind in Deutschland 9371 Menschen an den Folgen des Coronavirus gestorben, auf Rheinland-Pfalz entfallen davon lediglich 247 Personen. In der Pfalz sind bisher 54 Personen mit oder an dem Virus gestorben.

Auch Hack-Museum in Ludwigshafen erhält Post

In einem Nachsatz wendet sich das Museumsteam im Facebook-Post humorvoll an den Absender: „Lieber anonymer Verfasser dieser Botschaft, hättest Du Dich überwunden und mit Maske unsere Ausstellung besucht, wäre dieser Rundgang vielleicht für Dich erhellend gewesen – denn wir zeigen zum Beispiel, wie schon vor 100 Jahren in Zeiten der Spanischen Grippe das Tragen von Masken ein wesentliches Mittel war, um der damaligen Pandemie Herr zu werden.“

Die Reaktionen in der Kommentarspalte reichen von Angriffen auf das Museum bis zur Zustimmung. Der Großteil hält den Post für eine „wunderbare Reaktion“. Auch das sei nicht überraschend, seien Online-Kommentare ebenfalls ein Spiegelbild der Gesellschaft, sagt Museumsdirektor Schubert. Übrigens habe ihm der Direktor des Wilhelm-Hack-Museums in Ludwigshafen von ähnlicher Post zum Thema Maskenpflicht in Museen berichtet.

Aus dem Wissensressort: Was über das Coronavirus und dessen Folgen bisher bekannt ist.

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