Speyer „Wär’ ich noch drei, vier Jahre jünger“

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Fußballer Marco Cölsch war in Diensten des TuS Mechtersheim Verbandsliga-Torschützenkönig. In der vergangenen Saison schoss er den ASV Schwegenheim zum Aufstieg in die A-Klasse. Im Interview mit Nico Henrich sprach Cölsch über ehemalige Mitspieler, eine Rückkehr als Spieler und irrsinnige Ablösesummen für Profis.

Für Schwegenheim sieht es nach dem Abstieg aus. Kehren Sie zurück?

Wenn kein Angebot aus Oberliga oder Verbandsliga kommt, ist ein Comeback ausgeschlossen. Im Ernst, ich habe der Mannschaft letzte Runde den Gefallen getan. Der etatmäßige Stürmer hatte einen vierwöchigen Urlaub geplant. Da wurde ich gefragt, und ich hatte, ohne zu überlegen, zugesagt. Aus den vier wurden dann sechs Wochen. Diese Aufregung und Anspannung brauche ich nicht mehr. Auch wenn ich uns mit dem 2:1 in der Nachspielzeit zum Aufstieg geschossen habe. Es war ziemlich intensiv. Warum tut sich der ASV so schwer? Nach meinem kurzen Intermezzo bin ich weit weg von der Aktivität. Die Stimmung und Euphorie der Aufstiegsrunde konnte nicht mitgenommen werden. Leider bekommt man ohne Geld fast keinen gestandenen A-Klasse-Spieler. Deshalb muss mit Eigengewächsen aus der eigenen Jugend gearbeitet werden. Den wahrscheinlichen Abstieg finde ich auch nicht tragisch. Es gilt, die Stimmung hoch zu halten. In der kommenden Runde kommen dann einige Jugendspieler in die Aktivität. Mit ihnen kann in der B-Klasse etwas aufgebaut werden. Irgendwie doch schade, ich sollte drei bis vier Jahre jünger sein. Dann könnte ich mit den jungen Wilden noch mitkicken. Das sind echt tolle Jungs, die auch die ASV Supporters ins Leben gerufen haben. Wie sah Ihr Zeitplan als Verbands- und Oberligaspieler aus? Zu Verbandsliga-Zeiten hatte ich noch mehr Freizeit. Wir haben außer in der Vorbereitung zweimal pro Woche trainiert. Gearbeitet habe ich in der Volksbank in Speyer. Nach dem Aufstieg wurde das Training intensiver. Die Anzahl der Einheiten nahm zu. Auch beruflich hatte ich mich 2004 verändert. Ich hatte mein Studium an der Dualen Hochschule in Karlsruhe begonnen. Da blieb kaum Zeit für andere Sachen. Nach der Arbeit beziehungsweise nach den Vorlesungen ging es auf den Sportplatz. Wenn ich nicht selbst auf dem Platz stand, habe ich meiner damaligen Freundin, jetzt Frau, bei ihren Spielen in der Handball-Oberliga mit TV Dudenhofen zugeschaut. Ansonsten habe ich meine Eltern und Großeltern in Erfweiler bei Dahn und auf dem Hochstellerhof bei Pirmasens besucht. Welche Mitspieler aus Ihrer Zeit beim TuS bleiben in Erinnerung? Wir haben immer donnerstags ein Abschlussspiel gegen die zweite Mannschaft gemacht. Mein Manndecker war immer Frank Kühn. Zu Verbandsligazeiten gab es viele ganz spezielle, geile Typen aus der ersten und zweiten Mannschaft. Wir hatten tolle Betreuer und Trainer. Torsten Schädler und Martin Albert möchte ich herausheben. Torsten war unser Kapitän, ein echter Typ mit dem Herz am rechten Fleck, auf dem Platz immer ein Vorbild. Er gab immer Vollgas, während und nach dem Spiel. Martin war Sturmpartner und Vorlagengeber. Ein Fußballverrückter, der nur mit einem funktionierenden Bein kickt. Und noch Jürgen Horix, mit dem hatte ich mich während dem Spiel oft in den Haaren. Er schimpfte über den Sturm, ich über die Abwehr, weshalb uns auch mal Trainer Ralf Gimmy auswechselte. Das hat uns aber immer gegenseitig angestachelt. Da war auch noch Patrick Fischer, jetzt Trainer von FK Pirmasens II, ein Kumpel aus gemeinsamen A-Jugend-Zeiten, der auch meine Sprache verstand. Welches war Ihr wichtigstes Tor? Das 2:1-Kopfballtor für Schwegenheim ist mir noch am präsentesten. In der ersten Oberligasaison mussten wir das letzte Spiel gegen Idar-Oberstein gewinnen. Wir lagen 0:1 zurück. In diesem Spiel erzielte ich dann vier Tore zum 6:1. Aber wichtig ist relativ. Es ist doch jedes Tor wichtig. Noch wichtiger sind die Vorlagengeber. Hat Ihr Sohn Ihre Torjäger-Gene? Na klar, ach was, das wird sich zeigen. Er kickt in der E-Jugend und hat Spaß. Das soll hoffentlich lange so bleiben. Wie kam es zum Wechsel von Bruchweiler nach Mechtersheim? Harald Sprengling, langjähriger Kassenwart beim TuS, war ein Arbeitskollege auf der Volksbank in Speyer. Er hatte mich angesprochen. Was sagen Sie zu Ablösesummen jenseits der 50-Millionen-Euro-Marken? Idiotisch, man muss Ablösesummen und die Gehälter deckeln. Aber wer von den feinen Funktionären sollte das tun, Fifa, Uefa, DFB, DFL? Ich lach’ mich krumm. Denen geht es allen ums Geld. Die vergessen sogar, wo irgendwelche Millionen hingekommen sind. Wenn nur fünf Prozent von den Einnahmen aus Ablöse-, Gehalt-, Fernseh- und Werbeeinnahmen an die Amateurvereine gingen, würde es uns an der Basis besser gehen. Warum haben Sie so oft getroffen? Weil ich sehr oft zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle stand. Was vermissen Sie aus der Oberliga? Die Zuschauer, während und nach dem Spiel, sowohl die gegnerischen als auch die eigenen. Wer spielt schon gerne auf einem leeren Sportplatz? Sie sind Jugendtrainer. Trainieren Sie bald eine aktive Mannschaft? Wenn man eine Mannschaft mit 16 Spielern hat, die alle mitziehen, dann ja. Dann würde die Spielklasse auch keine Rolle spielen. Aber wo findet man das schon, also eher nein. Hätten Sie etwas anders gemacht? Als Spieler und Spielertrainer hab’ ich oft an der Grenze zum Fair Play gespielt. Deshalb möchte ich das hier nutzen, um mich bei denen zu entschuldigen, wo ich diese Grenzen überschritten habe. Auf dem Platz zählte bei mir immer nur eins, und das waren die eigenen Farben. Dafür habe ich mich immer bedingungslos eingesetzt. |nihe

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