Speyer „Wählerisch und auf höhere Preise aus“

Handwerker bei der Arbeit: Die Auftragsbücher vieler Firmen sind voll.
Handwerker bei der Arbeit: Die Auftragsbücher vieler Firmen sind voll.

Private Bauherren oder Sanierer kennen es: Für handwerkliche Arbeiten wird es immer schwieriger, willige Betriebe zu finden. Volle Auftragsbücher erlauben es den Firmen, wählerisch zu sein und hohe Preise aufzurufen. Die RHEINPFALZ wollte wissen: Stehen die Verwaltungen, die für die Gemeinden Aufträge vergeben, vor ähnlichen Problemen?

Acht Gewerke für den Umbau des Zehnthauses in Berghausen wollte der Ortsgemeinderat Römerberg in seiner jüngsten Sitzung eigentlich vergeben. Tatsächlich gingen dann aber nur vier Aufträge raus. Der Grund: Für Naturstein-, Fliesen- und Fassadenarbeiten sind keine Angebote abgegeben worden. Für Putz- und Stuckarbeiten war das einzige Angebot so hoch, dass die Ortsgemeinde den Auftrag nicht vergeben hat. „Stark zurückgegangen“ sei die Bereitschaft, sich an öffentlichen Ausschreibungen im Hochbau, Straßenbau und auch im Bauunterhalt zu beteiligen, sagt Hubert Schoppé, stellvertretender Bauamtsleiter bei der Verbandsgemeinde Römerberg-Dudenhofen, zum Thema. „Diese Entwicklung hat sich bereits vor Jahren angekündigt“, berichtet er. „Aber in den vergangenen beiden Jahren ist dies für die Verwaltung zu einem Problem geworden.“ Einen Grund sieht Schoppé im Fachkräftemangel. Eine Besserung der Lage zeichne sich derzeit nicht ab. Konkret bedeute die Entwicklung, dass die Preise für Baumaßnahmen heute bis zu 30 Prozent über dem Niveau von vor fünf Jahren lägen. Kopfzerbrechen bereitet Schoppé und seinem Kollegen Michael Weiß, dass die Landesregierung ihren Online-Vergabemarktplatz als alleinige Plattform für die Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand aufbauen will. „Da werden uns einige, gerade ältere Handwerker wegfallen, die das nicht mitmachen wollen“, befürchtet Schoppé. Diese Firmen können dann allenfalls noch bei einer freihändigen Vergabe ohne Ausschreibung beauftragt werden. Eine solche soll es jetzt auch im Fall der fehlenden Gewerke für den Zehnthaus-Umbau geben. Das dürfe die Verwaltung, weil sich bei der Ausschreibung niemand gefunden hat. So pauschal könne man das nicht sagen, antwortet Rolf Bähr, Bauamtsleiter bei der Verbandsgemeinde Lingenfeld auf die Frage, ob es generell schwieriger geworden sei, Firmen zu finden. „Bei bestimmten Gewerken ist es aber tatsächlich so, dass man kaum Angebote kriegt oder nur welche zu deutlich erhöhten Preisen“, sagt er. Als Beispiele nennt Bähr Estrich- oder Sanitärarbeiten. Der Planer vergleiche die Angebote mit seiner Kostenschätzung. Lägen die Preise mehr als 20 Prozent darüber, hebe die Verwaltung die Ausschreibung in der Regel auf und versuche es erneut. Bei beschränkten Ausschreibungen – wenn also mehrere Firmen direkt aufgefordert werden, Angebote abzugeben – würde dann der Kreis der kontaktierten Unternehmen erweitert. Ausbleibende Angebote können vor allem bei größeren Bauprojekten ein Problem werden: „Wenn bei einer Komplettsanierung für die Hälfte der Gewerke keine Angebote eingehen, dann stockt der gesamte Ausbau“, sagt Bähr. Ob sich willige Firmen finden oder nicht, sei auch jahreszeitabhängig: Bei Ausschreibungen Ende und Anfang des Jahres, sei es leichter, Unternehmen beispielsweise im Tiefbaubereich zu finden. „Wenn die Bücher dann später im Jahr voll sind, werden sie wählerisch und versuchen, höhere Preise durchzubringen“, hat Bähr beobachtet. Das Preisniveau liege teils 20 bis 25 Prozent höher als noch vor ein, zwei Jahren, sagt der Bauamtsleiter. Dass die Qualität der Arbeiten aufgrund des Engpasses schlechter geworden sei, glaubt er nicht. „Aber Facharbeiter fehlen“, hat er bemerkt. „Die Preise sind extrem nach oben gegangen“, sagt auch Frank Juchem, Leiter der Bauabteilung bei der Verbandsgemeinde Rheinauen. Zwischen der Kostenberechnung der Verwaltung und den Angeboten gebe es teils deutliche Unterschiede. Außerdem habe die Zuverlässigkeit gelitten. „Gerade bei kleineren Arbeiten sagen manche Firmen zu und kommen dann doch nicht“, berichtet er. So habe es kürzlich einen Wasserschaden in der Neuhofener Kita Kunterbunt gegeben. Die beauftragte Firma sei nicht aufgetaucht. Nach einigem Hin und Her habe schließlich eine andere Firma anrücken müssen. Ein Problem bei den Ausschreibungen sei auch, dass die Firmen oft nur in bestimmten Zeitfenstern arbeiten können – bei Kindergärten und Schulen zum Beispiel nur in den Ferien. Das betreffe beispielsweise die Arbeiten für den Anbau an die Kindertagesstätte Tausendfüßler in Waldsee. „Ich muss bei einer Ausschreibung den günstigsten nehmen“, beschreibt Juchem ein weiteres Problem. Das heißt, örtlich ansässige Firmen haben manchmal das Nachsehen gegenüber solchen von weiter weg. Dabei wäre es der Verwaltung oft lieber, sie könnte die Unternehmen in der eigenen Gemeinde engagieren – nicht nur um die lokale Wirtschaft zu stützen, sondern auch, weil diese oft zuverlässiger seien: „Der Handwerker aus dem Ort will schließlich nicht, dass es so aussieht, als ob er seine Arbeit nicht richtig macht“, sagt Juchem. Seit zwei bis drei Jahren sei es schwierig, Firmen zu finden, hat der Bauamtsleiter beobachtet. Dabei sei die Verwaltung eigentlich ein guter Kunde, der zuverlässig zahle und auch in manchem nicht so kleinlich sei wie private Auftraggeber. Nochmals ausgeschrieben werden mangels Angeboten musste bisher in der Verbandsgemeinde aber nur ein Auftrag. „Es funktioniert schon irgendwo“, sagt Juchem. Die Rubrik Unter dem Titel „Dienstagsfrage“ beantworten wir Fragen, die im Alltag im Speyerer Umland auftauchen.

Zehnthaus in Berghausen: Für etliche Gewerke haben sich noch keine Firmen gefunden.
Zehnthaus in Berghausen: Für etliche Gewerke haben sich noch keine Firmen gefunden.
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