Speyer Verzicht auf jede Narkose
Echte Musiker lassen sich – im Gegensatz zu manchen Rockstars – nicht davon entmutigen, wenn sie vor einer eher spärlichen Zuschauermenge spielen müssen. Das hat der britische Gitarrist Mick Ralphs mit seiner Blues Band am Donnerstagabend vor rund 100 Besuchern in der Dudenhofener Festhalle bewiesen.
Das Gründungsmitglied der Rockgruppen „Mott the Hoople“ und „Bad Company“ klingt mit seiner Soloband deutlich blues- und soullastiger als mit den Granden des gepflegten Classic-Rocks. Das ist ganz praktisch, denn die Festhalle lässt sich nur schwerlich mit der Hollywood Bowl oder dem New Yorker Madison Square Garden vergleichen. Als Solomusiker frönt Ralphs also nur seiner Leidenschaft für den Blues. Sein Bewegungsradius auf der Bühne ließ sich am Donnerstag zwar mit einem Bierdeckel abmessen, doch das lag vor allem an seinen erst kürzlich operierten Hüftgelenken. Schmerzen helfen ja, das richtige Gefühl für den Blues zu entwickeln. Im Fall von Mick Ralphs hatten die Ärzte wohl auf eine Narkose gänzlich verzichtet, denn der Mann hat hörbar jede Menge Blues, und die Musikleidenschaft brennt immer noch. Seine Finger taten ihren Dienst, und neben seinen sehr blueslastigen Solostücken hatte er auch einige „Bad Company“-Cover im Programm. Wegen ihrer Bekanntheit hatte das Publikum sie sehnsüchtig erwartet und frenetisch gefeiert, doch auch die Begleitband bekam ihren Teil des Applauses ab. Besonders ein kleines akustisches Intermezzo von Sänger Stuart Maxwell und Gitarrist Jim Maving, der sein Geschick an der Slide-Gitarre bewies, begeisterte. Zwar hatte die Begleitband keine der ganz großen Namen am Start, mit denen Mick Ralphs früher um die Welt getourt war, doch qualitativ waren die ergrauten Herren erstligatauglich. Besonders der beschlipste Sänger hätte als rockige Version von Frank Sinatra durchgehen können. Die Festhalle hatte er mit seiner Bühnenpräsenz jedenfalls fest im Griff. Obwohl die Lieder der im vergangenen Jahr veröffentlichten CD „Should Know Better“ sicher nicht allen bekannt waren, kam das Repertoire sehr gut an und stand nicht im Schatten der großen Hits von früher. In der Zugabe kam mit „Can’t Get Enough“ von „Bad Company“ dann noch ein Hit, der es 1974 in den USA auf Platz fünf der Charts geschafft hatte. Generationen von Musikern hatten danach an ihrer Gitarrenstimmung geschraubt, um den unverwechselbaren Mick-Ralphs-Sound zu erhalten. In Dudenhofen gab’s eine Lehrstunde live.