Speyer Tollkühne Männer lassen’s rattern

Wenn in den vergangenen Wochen vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC) die Rede war, dann nahezu ausschließlich in Verbindung mit Betrügereien, Mauscheleien und Skandalen. 1925 sah das noch ganz anders aus – wie die „Offizielle Programm- und Startliste“ der ersten Speyerer Dreieckfahrt aus den Beständen des Landesbibliothekszentrums belegt.

„Als der Plan zur Abhaltung einer groß angelegten motorsportlichen Veranstaltung von einigen Herren des Automobil- und Motorrad-Clubs Speyer gefaßt wurde, da war man sich darüber klar, daß dies ein schwieriges Unternehmen sei. Würden der junge Club und die noch unbekannte Rennstrecke genügend Fahrer anziehen können? – Das war die ständige Frage der Pessimisten und auch die stille Sorge aller sonst unbekümmerten Optimisten, denn die Gelegenheiten zur motorsportlichen Betätigung sind zahlreich.“ So war es am 10. Mai 1925 im Programmheft zur Dreieckfahrt zu lesen. Deutlich geht daraus hervor, dass der erst drei Monate zuvor gegründete Automobil- und Motorrad-Club Speyer – eine Ortsgruppe des ADAC – sich eines Erfolgs keineswegs sicher war. Doch die Sorge der Veranstalter erwies sich als unbegründet: Das Motorrad- und Autorennen über Landstraßen bei Speyer erfüllte die Erwartungen. Fahrer aus der Pfalz, Nordbaden und Südhessen nahmen teil. Der Ausgangspunkt war am Steinhäuserhof, wie ein Streckenplan im Programmheft zeigt. Von dort ging es nach Norden bis Rehhütte, dann nach Westen bis Schifferstadt und von dort nach Süden an den Start zurück. Die „Offizielle Programm- und Startliste“ gibt Auskunft über den Ablauf der Veranstaltungen, die verschiedenen Ausschüsse und Kommissionen sowie die Teilnehmer mit ihren Fahrzeugen. Demnach waren die Motorräder je nach Hubraum in sechs verschiedenen Klassen am Start, hinzu kamen Beiwagenmaschinen. Die Automobile waren in neun Gruppen eingeteilt, angefangen mit der Klasse A bis 3,5 PS. Am oberen Ende der Skala fand sich ein Opel-Rennwagen mit einem Hubraum von mehr als 1500 Kubikzentimetern. Der 9. Mai 1925, ein Samstag, war für das Training auf der Rennstrecke reserviert. Die Abnahme der Fahrzeuge begann am Sonntag um 5.30 Uhr, ab 7.30 Uhr ging es schließlich um die schnellsten Zeiten. Nach dem Rennen fuhren die Motorsportler im Konvoi in die fahnengeschmückte Stadt. „Das Verzeichnis der verwendeten Motorrad- und Automobilfabrikate ist eine wichtige Quelle für die Entwicklung der Motorisierung in Süddeutschland“, erläutert Sachgebietsleiter Armin Schlechter vom Landesbibliothekszentrum. Die „Speierer Zeitung“ berichtete ausführlich über die erfolgreiche Veranstaltung, sparte aber auch nicht mit wortreicher Kritik an den negativen Folgen der Motorisierung: „Von der Frühe bis zum späten Abend war ein ungewohnter Lärm zu hören. Fortwährend knatterte und ratterte, pfiff und fauchte, heulte und trompetete, schrillte und pustete es, manchmal mit einer Heftigkeit und Ausdauer, die oft nur die stärksten Nerven vertrugen“, hieß es da. Das sei ein großer Nachteil der Automobile und Motorräder, der mit der Zeit hoffentlich noch behoben werden könne, schrieb der damalige Berichterstatter voller Fortschrittsglaube – so kann man sich irren. Der Vertreter der Stadt Speyer hob in seiner Rede zu Beginn des Rennens hervor, dass sich „die deutsche Technik und der deutsche Erfindergeist ... gerade bei dieser Veranstaltung am besten auswirken“. Seine von nationalem Pathos geprägte Sichtweise war offensichtlich nicht davon getrübt, dass an dem Rennen auch etliche ausländische Fabrikate teilnahmen. Darunter waren insbesondere englische Motorräder sowie Fabrikate von Renault, Fiat und Bugatti bei den Autos. Die Bevölkerung nahm regen Anteil an dem Ereignis. So resümierte die „Speyerer Zeitung“ die „in allen Teilen gut verlaufene Veranstaltung“ mit den Worten: „Auch die große Zahl der die Rennstrecke umsäumenden Zuschauer bewies das große Interesse, das man dem Motorrad- und Autosport hier entgegenbringt.“

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