Ludwigshafen Stream-Konzert zu französischen Komponistinnen

Spielen Meisterwerke von Komponistinnen: Katja Zakotnik (Cello) und Naila Alvarenga (Piano)
Spielen Meisterwerke von Komponistinnen: Katja Zakotnik (Cello) und Naila Alvarenga (Piano)

„Warum gibt es so wenig Komponistinnen?“ - ist die falsche Frage. Es gibt viele, sie sind nur nicht bekannt. In Frankreich hatten komponierende Frauen bessere Chancen als in Deutschland. Zum Deutsch-Französischen Tag gibt es Streamingkonzert.

„Seit ich angefangen habe, zu Komponistinnen zu recherchieren, habe ich immer wieder Begeisterung und Verzweiflung verspürt“, sagt die Cellistin Katja Zakotnik, die verantwortlich ist für das Programm „Sonorités féminines – Stimmen französischer Komponistinnen“. Begeisterung habe sie erlebt, weil sie großartige Werke entdecken konnte, Verzweiflung, weil diese Werke trotz ihrer Qualität nicht gespielt werden und in Archiven verstauben. Warum ist das so?

Historisch war es so, dass komponierende Frauen schlicht nicht erwünscht waren, in Deutschland galt das deutlich stärker als in Frankreich. „Fanny Mendelssohn schrieb hervorragende Musik, doch ihr Vater sagte ihr ,das ziemt sich nicht für eine Frau’ und so wurde ihr Bruder Felix gefördert und als Komponist bekannt“, erklärt Zakotnik. Daher kam es auch, dass talentierte Frauen nicht gefördert und ausgebildet wurden. Damals habe man geglaubt, dass bei Frauen die Entwicklung des Gehirns zum Schrumpfen des Uterus führe. Und die Bestimmung der Frau waren Ehe und Kinder.

Nicht gespielt

Noch heute werden die entdeckten und lohnenswerten Werke von Frauen nicht gespielt. Die Musikwissenschaftlerin Susanne Wosnitzka belegt das mit Zahlen: In keinem Buch für Schulunterricht werden Komponistinnen als eigenständige Künstlerinnen erwähnt. Unter 444 deutschen Opernpremieren 2017/18 waren vier Werke von Frauen. Beim Radio BR-Klassik lag bei einer Stichprobe in 48 Stunden Sendezeit der Anteil gespielter Komponistinnen bei etwas über zwei Prozent. Auf Spielplänen sind Frauen eine Randerscheinung.

Dabei gibt es seit 1979 das Archiv Frau und Musik in Frankfurt, das rund 26.000 Medieneinheiten zu 1900 Komponistinnen und Dirigentinnen aus 52 Nationen gesammelt hat und eine umfangreiche Sammlung von Original-Literatur bietet. Trotzdem sind manche Werke immer noch schwer zu bekommen, wie Zakotnik selbst erlebt hat. Im Konzert wird sie eine Cello-Sonate von Rita Strohl (1865-1941) spielen. „Die Noten und die Aufführungsrechte zu bekommen, war ein echter Krimi. Nur weil ich eine Freundin in Paris habe, die mir das Werk aus der Nationalbibliothek besorgen konnte, haben wir das gerade noch rechtzeitig bekommen.“ Der Musikwissenschaftler Stefan Horlitz, der das Konzert moderiert, ist begeistert, nennt die Sonate „ein kapitales Meisterwerk“. Zakotnik findet, diese Sonate sollte unbedingt zum Kanon der Cello-Literatur gehören.

Beim Sonnenkönig

Pauline Viardot-García (1821-1919) war mit Clara Schumann befreundet und hatte das Glück, eine gute musikalische Ausbildung zu haben. Als Sängerin und Pianistin genoss sie hohes Ansehen. Sie zog 1863 nach Baden-Baden, lebte in einer Villa, wo Schumann, Chopin, Brahms und Wagner verkehrten – Männer, die man kennt. Aus einer Geigen-Suite hat Zakotnik drei Sätze für Cello bearbeitet.

Elisabeth-Claude Jacquet de la Guerre (1665-1729) beeindruckte König Ludwig XIV. als Fünfjährige am Cembalo so sehr, dass er sie bei sich am Hof aufnahm und förderte. Sie genoss hohes Ansehen als Musikerin und Komponistin, schrieb eine Oper, die in Paris aufgeführt wurde. Im Eintrag des deutschen „Musicalischen Lexicon“ von 1732 ist sie ein Kuriosum, beschrieben als „kleines lediges Frauenzimmer“ das in Frankreich als „Wunder unseres Jahrhunderts“ gelte. „In Deutschland konnte ich bis jetzt in der Barockzeit keine überlieferte Berufskomponistin finden“, sagt Zakotnik.

Weitere Komponistinnen des Programms sind Lili Boulanger, jüngere Schwester der als Musikpädagogin bekannten Nadia Boulanger, von der auch ein Werk gespielt wird, sowie Louise Farrenc, von der es ein Trio für Klarinette, Cello und Klavier zu hören gibt. Die Klarinette spielt Julius Kircher, Professor an der Musikhochschule Karlsruhe. Das Konzert der Landeszentrale für Politische Bildung wird gefördert vom Deutsch-Französischen Bürgerfonds und dem Institut Français Mainz.

Termin

Konzert „Sonorités Féminines – Stimmen französischer Komponistinnen“ mit Katja Zakotnik (Cello), Naila Alvarenga (Klavier) und Julius Kircher (Klarinette) und Musikwissenschaftler Stefan Horlitz (Moderation). Am Freitag, 21.01., um 20.30 Uhr auf dem Youtube Kanal der Landeszentrale für Politische Bildung RLP „LpB RLP“ https://www.youtube.com/watch?v=pH4oUoH-VYw

Julius Kircher (Klarinette) und Naila Alvarenga (Piano).
Julius Kircher (Klarinette) und Naila Alvarenga (Piano).
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