Speyer Spitz und Stumpf spielen für Strahlenopfer

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Sie sind „änzich Artig“ komisch, stehen für gepflegtes Mundart-Kabarett und haben am Mittwoch im ausverkauften Pfarrheim in Mechtersheim ihre Herzen für Kinder aus verstrahlten Gebieten Weißrusslands geöffnet: Bernhard Weller und Götz Valter alias „Spitz & Stumpf“ haben Einheimischen, Dahergelaufenen und Zugezogenen am Benefizabend des Berghausener Tschernobyl-Kreises den Pfälzer und seine Welt erklärt.

„Medersche – a roman hill“: Friedel Spitz und Eugen „Eicheen“ Stumpf helfen denen, die des Pfälzischen gar nicht oder unzureichend mächtig sind, mit Englisch auf die Sprünge. Der „Badenser“ wird zum „bad dancer“ (schlechten Tänzer) und die Menschen am „river Lauter“ zu Pferde essenden Elsässern. In ihrer kleinen, betulichen Welt voller kleiner und mittlerer Katastrophen sind Friedel und Eugen große Philosophen. „Das Leben fängt bei Null an und wird dann von Tag zu Tag weniger“, stellt „Aniliner“ Friedrich Spitz fest. Seine Kindheit hat vorwiegend im elterlichen Keller stattgefunden. Der kleine Eugen Stumpf hingegen verbrachte große Teile seiner frühen Jahre als Vogelscheuche auf Feldern und in Weinbergen. Der Rebe ist er beruflich und persönlich treu geblieben. „Pfälzer Wein, der geht gut rein, hält zusammen und geht ins Blut“, singen der ständig katastrophierende Besserwisser Spitz und der bodenständige Urpfälzer Stumpf gemeinsam mit dem begeistert schunkelnden Publikum. Szenenwechsel: Im Scheinwerferlicht von „Südpfalz TV und Radio Büchelberg“ referiert Eugen in seiner wöchentlichen Sendung „Stumpfs Tierleben“ anschaulich über die gefährliche „Spurrille“. Die Bazille grabe sich in Asphalt und Schotter. Nur die Flucht ins Wasser kann Rettung bringen, weist Stumpf – in seiner Modulation dem früheren Fernseh-Tierschützer Bernhard Grzimek erstaunlich nahe – hart am wissenschaftlichen Abgrund nach. Tierisch muss es nach Friedels Erzählungen über seinen betriebsärztlich verordneten Ausflug auch im Bad Dürkheimer Wellness-Bad zugehen. Lauter „alte Böcke und fette Quallen“ seien ihm dort begegnet, berichtet der Aniliner von seinen schon im Ansatz zum Scheitern verurteilten Entspannungs-Bemühungen. Auch vor Apps, Tablets und der Religion schrecken Spitz und Stumpf nicht zurück. Eugen schwört auf die Online-Beichte inklusive dem von Fußball-Nationaltrainer Joachim Löw, Bundeskanzlerin Angela Merkel oder dem Sängern Udo Lindenberg vorgebeteten und von Valter authentisch imitierten „Vater unser“. „So macht Beichten wieder Spaß“, empfiehlt er seinem Freund und den Zuschauern den Schritt vom Beichtstuhl ins Internet. „Hoffahrt“ hält der fromme Winzer für seine Todsünde, die er wiederholt auf dem Traktor begeht. Denn Treckerfahren ist für Eugen mindestens so schön wie Weintrinken. Im Wortsinn umwerfend sind die Auswirkungen seiner alkoholischen Erzeugnisse auf Stumpfs Gleichgewichtssinn, die Valter ebenso überzeugend wie unterhaltsam auf die Bühne bringt. Das gilt auch für „Duddesupp“, den Kult-Song des Duos, den Friedel und Eugen zur Freude der zahlreichen mit der Welt von „Spitz & Stumpf“ vertrauten Zuschauer zum Abschluss wieder in großartiger Choreografie präsentieren. Wer eines der von der Bühne fliegenden Tütensuppen-Päckchen ergattert, braucht sich um die nächste Mahlzeit nicht zu sorgen. Auch die Zukunft von „Spitz & Stumpf“ ist gesichert. Denn Friedels und Eugens kennt jeder. Nicht nur in der Pfalz. Sie sind meistens nervig, oft langweilig und manchmal ziemlich beschränkt. Also das Gegenteil der „äänzich Artige“... (kya)

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