Speyer Sie haben die Haare passabel
Sind`s die kurzen Locken? Ist`s der Seitenscheitel? Oder der flotte Gel-Look? Wer ist Trendsetter der deutschen Nationalelf in Sachen Frisur? Spannend, die Frage. Die Antwort: ernüchternd. „Alles passabel“, urteilt Friseurmeister Enzo Polizzi, Inhaber der „Haargalerie“ in der St.-Georgen-Gasse 7 in Speyer. Passabel? Nee, oder? Es kommt noch besser: „Eigentlich sehen die Jungs alle gut und normal aus.“ Aha. Normal. Gut. Dann mal zur Einzelanalyse. Die ist schwierig und Polizzi tut sich schwer. Klar. Ein Italiener als Kritiker deutscher Haarpracht. Eine Bürde, die ihm von der RHEINPFALZ bewusst und listigerweise auferlegt worden ist. Polizzi schlägt sich tapfer. Und er ist human. Sami Khedira kommt schon mal gut dabei weg. „Er hat schöne Haare“, sagt Polizzi. Die Länge steht dem Mittelfeldspieler. Das dünne Stirnbändchen, mit dem er teils das Dunkle im Zaum hält, ebenfalls. „Das passt zu ihm“, meint Polizzi zum Khedira-Style. Der Fußballer punktet noch mit etwas anderem: mit Bartansatz. Der ist bei vielen Mitspielern kaum zu sehen. Dabei wirft dieser Trend seine – von manchen als bedrohlich empfundenen – Schatten voraus. Polizzi: „Die meisten tragen ihn nur unten ums Kinn und ganz leicht.“ Dichter Gesichtsbewuchs ist offenbar als Schweißfänger bei der deutschen Elf nicht sonderlich beliebt. Weiter. Toni Kroos. Der Mittelfeldstar mit Frau aus Speyer. „Langes Deckhaar, die Seiten rasiert“, erklärt Polizzi. Hmm. Und weiter? „Ist zwar angesagt, aber nicht so extrem“, so der Friseurmeister. Im Moment werde das Haar dezenter rasiert, nicht mehr so – ja, wie sagt man das am besten ... „rattig“, wagt Polizzi einen Vorstoß. Verstanden. Rockabilly-Stil in abgeschwächter Form also. „Am sympathischsten ist Neuer. Der braucht nicht mal eine modische Frisur, bei dem macht`s die Ausstrahlung“, sprudelt es dann förmlich aus dem Fachmann heraus. Der brave Held im Tor der Deutschen, ein Traum aller Schwiegermütter – auch ohne Trendfrisur. Der Nächste: Schweinsteiger. „Top-Spieler mit altersgemäßer Frisur.“ Eins mit Stern für Elf-„Opa“ Basti. Nichts zu mäkeln gibt’s bei Jerome Boateng. „Er hat nicht viele Möglichkeiten“, meint Polizzi. „Er hat’s am schwersten. Würde er die Haare wachsen lassen, hätte er einen riesigen Busch.“ Dann lieber – wie die Kader-Kollegen – an den Seiten rasiert und oben etwas länger. Mustafi, der Torschütze des ersten Spiels? „Hoch und Deckel drauf“, fasst Polizzi zusammen, was auf einem Bild zu sehen ist. Kurzum: Den Schnitt bringt jeder hin. Meint der Meister. Schürrle ist okay, Götze nicht besonders auffällig, Özil brav, Müller auch, Hector sowieso. Ein Lichtblick: Reus. „Alle wollen seine Frisur haben“, mischt Polizzis Fachkraft Sophia mit im Fußballfrisuren-Spiel. „Er ist jung, spielt gut – viele Jungs wollen so sein wie er“, plaudert sie vom begehrten Angreifer. Immerhin. Leider ist der verletzungsbedingt bereits abgereist. Ansonsten mangelt’s an optischen Vorbildern im deutschen Team. Dafür steht der Spanier Sergio Ramos hoch im Kurs. Und Ronaldo, der Portugiese mit dem Blendaxlächeln. Der ist eben hipp. Voll im Trend. Gewissensfrage: Sehen die traditionell schicken Italiener pfiffiger aus? Polizzi rümpft die Nase. Also nicht. Einmal wird der Friseurmeister dann noch hellwach: Joachim „Jogi“ Löw, der Bundestrainer, der traurigerweise oft mehr nach Schwitzflecken als nach taktischem Talent beurteilt wird. Polizzis Blick wandert auf dessen Haupthaar: „Den könnte man zum Friseur schicken mit seinem Pilzkopf. Er könnte sich durchaus ganz verändern. Die Haare kürzer und aus dem Gesicht raus.“ Ob das Schwarz der Haare echt ist? Polizzi: „Schwer zu sagen.“ Sei’s drum. Dann sagt der Haargalerist aus der Altstadt den alles entscheidenden Satz: „Es kommt nicht auf die Frisur an, sondern darauf, dass die richtig Fußball spielen können.“ Treffer! (Fotos: dpa (7), privat)