Speyer Rock’n’Roll als bayerische Kernkompetenz

Beim zwölften „Otter-Rock“ in der ansehnlich gefüllten Otterstadter Sommerfesthalle hat die Spider Murphy Gang am Samstagabend die Alterslosigkeit von Rock’n’Roll-Musik demonstriert. So geht das, wenn eine Band über Jahrzehnte hinweg die richtigen Maßstäbe an sich selbst anlegt.

Benannt nach einem fiktiven Saxofon spielenden Gangster aus Elvis Presleys Hit „Jailhouse Rock“, kokettieren die Bayern seit ihrer Gründung mit ihrer Herkunft und vorgeblichen Erfolglosigkeit. Die Haartolle von Sänger und Bassist Günther Sigl ist im Laufe der Jahre etwas schütterer und der als Gerhard Gmell geborene Gitarrist Barny Murphy etwas fülliger geworden, aber rocken können sie noch, was Hüfte und Knie hergeben. Ihre sympathische Ausstrahlung haben sie sich ebenso bewahrt wie ihre Authentizität. Als die Neue Deutsche Welle (NDW) in den frühen 80er Jahren deutsche Popmusik schlagartig populär machte, spülte sie die Spider Murphy Gang mit ihrem Hit „Skandal im Sperrbezirk“ nach oben. Schon zuvor hatte die Gruppe klassischen Rock’n’Roll mit bayrischen Mundarttexten kombiniert. Daher passte sie nie so richtig in die unübersichtliche NDW-Schublade. Als die Welle abebbte, machten die Münchner weiter, wenn auch ein internationaler Erfolg schon an der Sprachbarriere des Weißwurstäquators scheitern musste. So formulierte es Günther Sigl am Samstag in einer Ansage: „Wollt’s an Rock’n’Roll hör’n? Mir kennat eh nix oanders.“ Zu Karikaturen ihrer selbst, die zwanghaft dem Erfolg ihrer „Rosi“ aus dem „Skandal“-Hit hinterherhecheln oder sich in Bierzelten mit platten Klamauktexten zum Affen machen, sind die Musiker zum Glück nie verkommen. Ihre Songs sind stilistisch gleichgeblieben – egal ob „Rock’n’Roll Schuah“ aus den Anfangstagen oder „Ich grüße alle und den Rest der Welt“ aus den 90ern. Geblieben ist bei allem Spaß auch immer noch der musikalische Biss früherer Zeiten. Die Spider Murphy Gang könnte problemlos ein Programm nur mit ihren bekanntesten Gassenhauern – von „Skandal im Sperrbezirk“ über „FFB“ und „Pfüati Gott, Elisabeth“ bis zu „Sch-Bum (s’ Leben is wia a Traum“) – zusammenbasteln, und das Publikum könnte von der ersten Minute an fast alles mitsingen. Stattdessen brachten die Münchner ihre Zuschauer mit weniger gängigen Nummern wie „Autostop nach Schwabing“ zum Tanzen – Musik von Chuck Berry, die Texte wie immer von der Gang selbst. Konzertveranstalter Lothar Daum hat damit wiederum eine Legende der deutschen Popmusik-Geschichte in sein 3000-Einwohner-Dorf geholt. Als Anheizer hatten die einheimischen Partyrocker von Gran Malör vorgeglüht, bevor die Bajuwaren dann die Hauptstufe zündeten.

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