Speyer Präsent und präzise

„La Passione“ – der Beiname dieser Haydn-Sinfonie diente als Motto des Konzerts des Ensembles 1800 am Sonntagabend in der Dreifaltigkeitskirche in Speyer. Auf dem Programm standen fünf Sinfonien aus dem musikalischen Sturm und Drang – von Haydn, Mozart und dem Hauptrepräsentanten des Stils, Carl Philipp Emanuel Bach. Dirigent Fritz Burkhardt und sein Orchester lieferten hochspannende, packende Wiedergaben im Sinne der Historischen Aufführungspraxis.

Burkhardt und die durchweg professionellen Musiker, die auch in anderen bedeutenden Alte-Musik-Ensembles mitwirken, sorgen für stilistisch perfekte Wiedergaben. In der Dreifaltigkeitskirche, die mit einer sehr überschaubaren Zuhörerschaft besetzt war, kam die Spielweise des Orchesters akustisch bestens herüber – präsent und präzise. Die Musik aus der Mitte des 18. Jahrhunderts ist stilistisch nicht genau definiert. Man spricht vom „galanten“ oder „empfindsamen“ Stil oder aber vom „musikalischen Sturm und Drang“. Die Komponisten schrieben nicht mehr in der kunstvollen Polyphonie des Barocks und noch nicht in der homophon orientierten, von der Sonatensatzform und dem durchbrochenen Satz bestimmten Klassik. Während aber der empfindsame und galante Stil das barocke Pathos durch liebliche Einfachheit ersetzte, begann der Sturm und Drang menschliche Stimmungen auszuloten – auch extreme – und musikalische Konventionen lustvoll aufzubrechen. Der junge Mozart ließ sich davon beeinflussen. Während einer Konzertreise schrieb er im Jahr 1765 eine Reihe von Sinfonien, die geradezu verblüffende Zeugnisse seiner musikalischen Frühreife abliefern. Sie zeigen formale und harmonische Wendungen, die weit über die Werke seiner Zeitgenossen hinausgehen. Bei der Sinfonie B-Dur KV 22 ist das so – mehr aber noch bei der erst 1980 wiederentdeckten Sinfonie F-Dur KV 19a, die eine Fülle origineller Einfälle aufweist. Als Bach in Hamburg wirkte, gab Baron van Swieten im Jahr 1773 sechs Sinfonien in Auftrag. Es entstanden die exponiertesten Erzeugnisse des Sturms und Drangs: Permanente Ausdruckswechsel, schroffe Kontraste, überraschende Harmonien und Modulationen, plötzliche Abbrüche von Melodien und Phrasen – in den Ohren der damaligen Zuhörer muss das wie wildeste Avantgarde geklungen haben. Spürbar wurde dies in der Wiedergabe der hier aufgeführten Sinfonie Nr. 2 B-Dur. Auch Haydn hatte seine Phase, die als Sturm und Drang bezeichnet wird. Da ist beispielsweise die Sinfonie Nr. 49 f-Moll, die in ihrer durchgängigen Düsterheit nichts von klassischer Lieblichkeit hat, in ihrer subjektiv gestimmten Ausdruckstiefe fast schon als Vorbote der Romantik wirkt. Oder die Sinfonie Nr. 51 B-Dur, die den beiden ventillosen Hörnern fast unspielbare Passagen zumutet. Beide Sinfonien wurden packend interpretiert, wobei ein Sonderlob dem Hornisten Stephan Katte gebührt.

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