Speyer Ohne Strom wird’s katastrophal

In einer Welt der multimedialen Kommunikation, in der alles vom Strom abhängt, ist ein flächendeckender Stromausfall eine Katastrophe. Dieses Szenario ist bei der Katastrophenübung „Kritische Infrastruktur“ des Rhein-Pfalz-Kreises am Samstag beim Altenzentrum St. Bonifatius in Limburgerhof durchgespielt worden. Dabei stießen die Einsatzkräfte an ihre Grenzen.

Ein Stromausfall in Süddeutschland hat sich zu einer internationalen Katastrophe ausgeweitet. Mittel- und Nordeuropa sind ohne Strom. Wie in allen Städten und Kreisen ist auch im Rhein-Pfalz-Kreis der Krisenstab zusammengetreten. Vom Einsatzlagezentrum unter dem Altenzentrum aus koordinieren die Fachleute die Einsätze. Das Szenario stellt die Teilnehmer vor eine schwierige Aufgabe, denn von dem Stromausfall sind die Einsatzkräfte selbst massiv betroffen: Telefonleitungen, Handynetze und Internet – nichts funktioniert mehr. Die sonst übliche schnelle Kommunikation ist nicht mehr möglich. Welche Einschränkungen sich daraus ergeben, hat Christiane Blum-Magin sehr überrascht. „Das schärft das Problembewusstsein“, sagt die Leiterin des Krisenstabes der Kreisverwaltung. Erst beim Durchspielen der Situation werde einem klar, was alles nicht mehr möglich sei. So kann die Bevölkerung beispielsweise nicht mehr über die Medien wie Internet, Fernsehen oder Tageszeitung informiert werden. „Der Rundfunk funktioniert über die Notstromversorgung, allerdings mit reduziertem Programm“, erklärt Kreis-Pressesprecher Jürgen Schwerdt. Doch wie erreichen die Informationen des Krisenstabes überhaupt das Studio des Senders? „Im Moment per Boten.“ Ein Kurierdienst soll eingerichtet werden, auch für die Kommunikation mit den Gemeinden, Feuerwehren und anderen Landkreisen. Für die meisten Menschen ist eine solche Situation kaum vorstellbar. Doch die für den Katastrophenschutz zuständige Kreisverwaltung muss genau das in ihren jährlichen Übungen tun – sich das Unvorstellbare ganz konkret vorstellen. Nur so können Kommunikation und Zusammenarbeit bei einem Ernstfall trainiert werden. „Warum es zu dem Stromausfall gekommen ist, ist für die Übung nicht relevant“, sagt Thomas Streun, stellvertretender Kreisfeuerwehr-Inspekteur und Leiter des Führungsstabes. Mehr als 50 Leute sind in dem mit Notstrom versorgten Einsatzlagezentrum, darunter befinden sich Fachberater von Bundeswehr, Polizei, Gesundheitsamt, Technischem Hilfswerk, Pfalzwerken, der Wasserversorgung und des Roten Kreuzes. 15 bis 20 Personen weitere sitzen in Mutterstadt in der Übungsregie. Einsätze werden dort geführt und weiter kommuniziert. Wie etwa der Großbrand in einem Reifenlager in Schifferstadt, der die Feuerwehr zusätzlich fordert. Auch das ist nur Theorie. Darum ist oberhalb des „Bunkers“, wie das Lagezentrum in Limburgerhof umgangssprachlich genannt wird, von der Katastrophe kaum etwas zu merken. Nur ein paar Feuerwehrfahrzeuge lassen vermuten, dass etwas nicht Alltägliches im Gange ist. Der „Stromausfall“ hat bereits am Mittwochabend begonnen. Seit Samstagmorgen ist der Krisenstab beschäftigt. Thomas Streun stellt jedoch klar, dass dieser bei einem solchen realen Szenario viel früher zusammengetreten wäre. Man habe das aber bewusst so konstruiert, um ein „gegen Null tendierendes Niveau der Infrastruktur“ zu haben, wie es in der Fachsprache heißt. Also der Punkt erreicht ist, wo fast nichts mehr geht. Und so stellen schon simple Dinge die Einsatzkräfte vor große Probleme. Wie soll die Bevölkerung informiert werden, wenn zwar Radiostationen noch senden, die Radios in den Haushalten aber ohne Strom nicht mehr funktionieren? Selbst Lautsprecherdurchsagen in den Straßen aus fahrenden Polizei- oder Feuerwehrautos sind nur möglich, solange der Kraftstoff reicht. Und einfach auftanken, wenn er verbraucht ist – das geht nicht, denn Pumpen an den Tankstellen benötigen ebenfalls Strom. Eine wichtige Aufgabe des Krisenstabes ist es daher, die Einsatzfahrzeuge mit Kraftstoff zu versorgen und auch zu entscheiden, wer überhaupt berechtigt ist, Kraftstoff zu erhalten. Außerdem muss unbedingt die Grundversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Trinkwasser organisiert werden. Und es müssen Räume bereit stehen, in denen die Menschen sich aufwärmen können. Denn – und da treffen sich Fiktion und Realität an diesem Tag – draußen ist es kalt. Am Abend zieht Thomas Streun Zwischenbilanz: „Das Thema ist so komplex, da stößt man schnell an die Grenzen des Machbaren.“ Die Einschränkungen der Kommunikation seien fast nicht „händelbar“ gewesen. Das Ziel der Übung wurde aber doch erfolgreich erreicht: die Zusammenarbeit des Stabes bei einem solchen Fall zu üben.

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