Speyer Neujahrskonzert im Dom

Am Beginn eine bekannte Melodie: das Prélude zum Te Deum von Marc-Antoine Charpentier. Als Eurovisionshymne ist es seit Jahrzehn
Am Beginn eine bekannte Melodie: das Prélude zum Te Deum von Marc-Antoine Charpentier. Als Eurovisionshymne ist es seit Jahrzehnten geläufig. Am Pult: Domkapellmeister Markus Melchiori.

Die Dommusik hat das Neue Jahr musikalisch phänomenal begonnen. Im Festlichen Neujahrskonzert brillierten die Dombläser mit Musik von Praetorius bis Ravel.

Das Festliche Neujahrskonzert im voll besetzten Dom zu Speyer stand im Zeichen des Jubiläums 30 Jahre Dombläser, die – den Paukisten eingeschlossen – zu zwölft in einer prominenten und erstklassigen Besetzung auftraten. Da Trompeter und Tubist immer mal wieder die Instrumente wechselten, war ein sehr breites Repertoire möglich. Entsprechend vielgestaltig war das Programm, das mehrere Jahrhunderte überspannte. Neben Kompositionen, die für Bläserchöre quasi original sind, gab es auch solche in aparten Bearbeitungen für Bläser und auch Orgel dabei, denn neben den Dombläsern unter der wechselnden Leitung von Domkapellmeister Markus Melchiori und Domkantor Joachim Weller wirkte traditionell beim Neujahrskonzert auch Domorganist Markus Eichenlaub mit.

Wie bei einem Neujahrskonzert fast schon die Regel, waren in der Folge der Stücke bei den 90 Minuten am ersten Tag des neuen Jahres absolute Klassik-Hits und einschlägig bekannte Stücke mit wenig geläufigen Werken kombiniert. Und weihnachtliche Akzente wurden in einigen der gespielten Werke auch gesetzt.

Harmonie und Hoffnung

In allen Stücken überzeugten die Musikerinnen und Musiker durch eine erlesene Kunst des differenzierten Vortrags und eine bestechende Klangkultur, so dass die eigentliche Idee eines solchen Neujahrskonzerts, nämlich in der Harmonie der Töne und Klänge Hoffnung zu schöpfen für das neue Jahr und positive Perspektiven zu entwickeln, aufs Schönste umgesetzt wurde.

Nun ist der Speyerer Dom, in den diesmal die warme Nachmittagssonne mit ihrem Licht eindrang, erst recht für festliche Bläser- und Orgelklänge atmosphärisch ein sehr angemessener Raum. Das wirkte auch diesmal. Doch hin und wieder trug die Musik das Publikum zumindest in der Vorstellung an andere Orte.

So schon zu Beginn mit dem Prélude zum Te Deum von Marc-Antoine Charpentier, das als Eurovisionshymne seit Jahrzehnten bekannt ist. Hier spiegelte sich der barocke Glanz der königlichen Kapelle in Versailles wider, zumal die Dombläser unter Domkapellmeister Markus Melchiori ihre volle Strahlkraft und Brillanz entfalteten. Versailles und Paris: Das waren auch Bezugspunkte zu Noel X für Orgel von Louis-Claude Daquin und der ersten Suite des Symphonie von Jean-Joseph Mouret mit dessen sehr beliebtem Rondeau und drei anderen hinreißend gespielten Sätzen.

Wie in Venedig

Giovanni Gabrielis Canzona septimi et octavi toni für drei Chöre belegte die Kunst des Ensembles im mehrchörigen Spiel – so als wäre man im Markusdom in Venedig.

Ein sehr freudiger weihnachtlicher Teil war das „In dulci jubilo“ für zwei fünfstimmige Bläserchöre von Michael Praetorius, dem ältesten Meister des Programms.

Der jüngste war Maurice Ravel, von dem ein Werk erklang, das man mit einem Blechbläserensemble nicht sofort verbindet: der „Pavane pour une infante défunte“. Das ist ja eigentlich ein Klavierwerk, das Ravel später für Orchester mit eher zarten Farben setzte. Das träumerische und melancholisch umflorte Stück entfaltet aber auch großen Reiz im Spiel von zehn Blechbläsern, wenn diese so superb und delikat zu spielen vermögen wie die Speyerer Dombläser.

„Vom Himmel hoch“

Domorganist Markus Eichenlaub setzte virtuose und stimmungsvolle Akzente mit einer Orgelfassung des „Einzugs der Königin von Saba“ aus Händels „Solomon“, dem erwähnten Noel X, der Pastorale aus César Francks op. 19 und Bachs Fuge über „Vom Himmel hoch“ BWV 700. In den beiden letzten Programmpunkten spielte er mit den Bläsern zusammen, zuletzt in dem englischen Weihnachtslied „The First Nowell“ als festlich-glänzendem Abschluss. Davor gab es eine Version von Vorspiel und Anfang des ersten Aufzugs aus Wagners „Parsifal“. Da fühlte man sich des erhabenen Spiels wegen weniger ins Bayreuther Festspielhaus versetzt, wiewohl das bei Wagnerianern ja auch gleichsam als „Sakralraum“ gilt, als vielmehr auf den mythischen Gralstempel auf dem Berg Monsalvat. Aber in den Speyerer Dom passen das Dresdner Amen und das Glaubensmotiv ja auch ganz ausgezeichnet.

Zwei besondere Glanzpunkte dieses ohnehin phänomenalen Konzerts waren die prachtvolle und animierend musizierte Sonata Sancti Polycarpi des genialen Heinrich Ignaz Franz Biber, die nach Salzburg führte, und der Kanon D-Dur des Nürnberger Johann Pachelbel. Von Letzterem liegen ja unzählige Versionen und Aufführungsvarianten vor. Seit diesem Neujahrstag hat die Wiedergabe der Speyerer Dombläser unter Joachim Weller dabei einen der ersten Plätze inne, so betörend schön wurde das Stück hier gespielt.

„Höchsten Heiles Wunder! Erlösung dem Erlöser!“: Als wäre es nicht der Dom, sondern der Gralstempel auf dem Monsalvat. Das Vorsp
»Höchsten Heiles Wunder! Erlösung dem Erlöser!«: Als wäre es nicht der Dom, sondern der Gralstempel auf dem Monsalvat. Das Vorspiel zu Wagners »Parsifal« mit Domkantor Joachim Weller am Pult.
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