Speyer Mit 71 Kameras auf Verbrecherjagd
Straßen und Plätze in der Mannheimer Innenstadt, die als Kriminalitätsschwerpunkte gelten, will die Polizei ab dem kommenden Jahr mit Videokameras überwachen. Als Grund wird die Straßenkriminalität genannt, die sich in den vergangenen Jahren offenbar immer stärker ausgebreitet hat.
Schritt für Schritt soll dabei an den einzelnen Orten eine neue Überwachungstechnik mit Computerhilfe zum Einsatz kommen, die nur potenziell gefährliche Situationen meldet. Grundrechte von Passanten sollen auf diese Weise so gut es geht geschützt werden. Zu Beginn des Jahrtausends hat es schon einmal eine Videoüberwachung in den Mannheimer Quadraten gegeben. Sie führte damals offenbar dazu, dass die Zahl der Straftaten deutlich zurückging. Da nach dem baden-württembergischen Polizeigesetz eine Videoüberwachung nur an einem sogenannten Kriminalitätsschwerpunkt erlaubt ist, mussten die Kameras nach ihrem erfolgreichen Einsatz am Paradeplatz und in der Breiten Straße Ende 2007 wieder abgeschaltet werden. Nur am Bahnhofsvorplatz blieben bis heute drei Kameras in Betrieb. „Insbesondere in den beiden letzten Jahren ist die Straßen- und Betäubungsmittelkriminalität vor allem in der Innenstadt wieder stark angestiegen“, sagt Mannheims Polizeipräsident Thomas Köber. Die Lage habe sich so verändert, dass neue Mittel eingesetzt werden müssten, findet er. Das Einsatzkonzept sieht vor, dass die Beamten unmittelbar auf die Videoaufnahmen reagieren. „Damals, von 2001 bis 2007, hatten wir eine Interventionszeit von zweieinhalb Minuten“, berichtet Köber nicht ohne Stolz. Diese durchschnittliche Reaktionszeit soll wieder erreicht werden. Zu Beginn des nächsten Jahres sollen zunächst die Kameras am Bahnhofsvorplatz durch neue Technik ersetzt werden. Im zweiten Quartal 2018 wird eine Videoüberwachung am Alten Messplatz eingerichtet. Ab Sommer folgt die Breite Straße vom Paradeplatz und Marktplatz bis Neckartor. Auch am Plankenkopf in O7/P7 könnten je nach Lage Anfang 2019 Kameras installiert werden. Einen großen Unterschied zwischen der Videoüberwachung damals und der geplanten Neuauflage macht der Erste Bürgermeister Christian Specht (CDU) deutlich. „Wir wollen mithilfe neuester Technik mehr Sicherheit bei gleichzeitiger Wahrung von Bürgerrechten erreichen“, betont er und verweist auf den Einsatz einer „innovativen Technologie“. So soll die Auswertung der Kamerabilder in Echtzeit mithilfe von leistungsfähigen Computern geschehen, die „kriminalitätsrelevante Situationen“ selbstständig erkennen könnten. Der beobachtende Polizeibeamte werde durch ein Signal darauf aufmerksam gemacht, „noch einmal genau hinzuschauen“, erklärt Köber. Das „Vorfiltern“ der großen Zahl der Kamerabilder bedeute für die Polizei weniger Personalbedarf bei mehr erfassten Flächen. Damit die Erkennungs-Software funktioniert, sind mehr Kameras nötig als gedacht. So sollen an 28 Standorten insgesamt 71 Kameras eingebaut werden. „Das Computerprogramm gibt ein Signal in Situationen, in denen Personen schlagen, treten, rennen oder hinfallen“, nennt Projektleiter Klaus Pietsch einige Beispiele. Eine Software habe das Fraunhofer Institut bereits entwickelt, die aber im öffentlichen Raum noch nicht getestet worden sei. „Das System muss erst lernen, was an einem Ort normal ist“, führt Pietsch das Beispiel des (harmlosen) Rennens zur Straßenbahn an. Wenn das Programm im Laufe des nächsten Jahres installiert wird, muss es eine Lernphase durchlaufen, bei der Polizisten für den Abgleich mit der Lebenswirklichkeit sorgen. Das Programm soll damit bis zur bestmöglichen Trefferquote verbessert werden. Voraussetzung für das Vorhaben ist eine Änderung des Landespolizeigesetzes. Die Beratungen darüber im Landtag haben laut Specht begonnen, er geht von einer Mehrheit für das neue Gesetz aus. Mannheim wäre dann die erste Stadt in Deutschland, die eine solche Technik einsetzt.