Speyer Melancholie mit Saxofon und Bass

Kunst in Bild und Ton: Die gerade mit dem Landesjazzpreis Baden-Württemberg ausgezeichnete Saxofonistin Alexandra Lehmler und Kontrabassist Matthias Debus haben am Donnerstagabend im gut besuchten Speyerer Purrmann-Haus eine Brücke zwischen Malerei und Jazz geschlagen.

Das Prinzip der Konzertreihe „Klangbilder“, zu der der Abend gehörte: „Bildpaten“ wählen je ein Gemälde von Mathilde Vollmoeller-Purrmann und Hans Purrmann aus der Sammlung des Hauses aus und geben ihre Eindrücke ans Publikum weiter. Die Musiker setzen ihre eigenen Eindrücke dazu in Musik um, wählen aus ihrer Sicht passende Stücke aus oder improvisieren. Mathilde Vollmoellers 1908 in Paris entstandenes Porträt eines Jugendlichen stand einem Bild Hans Purrmanns gegenüber, das den Garten der Villa Romana in Florenz zeigt. Dort hatte das Maler-Ehepaar nach seiner Flucht aus Nazi-Deutschland Zuflucht gefunden. „Bildpaten“ waren zwei Schülerinnen der 11. Klasse des Speyerer Purrmann-Gymnasiums. Lieve Faust hatte sich das Porträt angesehen, das einen Jugendlichen mit umgeschlagenem Hemdkragen und Mütze auf dem Kopf zeigt. „Er hat traurige Augen“, fand die Schülerin und erinnerte an den harten Alltag von Kindern und Jugendlichen als ausgenutzte Arbeiter um 1900 in der Großstadt Paris – oft verbunden mit häuslicher Gewalt, auf die eine rotviolett gefärbte Gesichtsseite hindeuten könnte. Dass das Porträt Mathildes Bruder Hans Vollmoeller zeigt, der als Stuttgarter Fabrikantensohn keine Not hatte, aber sehr jung als Testpilot ums Leben kam, hatte Lieve Faust erst nach dem Verfassen ihres Textes erfahren. Im üppigen Garten der Villa Romana erkannte „Bildpatin“ Luisa Pfertner Melancholie. Also hatte sie den imaginären Tagebuch-Eintrag einer Frau verfasst, die in dem Garten um ihren verstorbenen Mann trauert. Tatsächlich war Mathilde Vollmoeller in Florenz bereits krank gewesen und einige Jahre später gestorben. Die Musiker nahmen die Melancholie in den Bildern auf, improvisierten und spielten eigene Kompositionen. Beide Instrumente waren gleich gewichtet, ließen einander Raum und waren doch ein gemeinsames Ganzes. Debus zeigte, welche Klangvielfalt sich mit geschlagenen, gezupften und gestrichenen Techniken aus dem Kontrabass herausholen lässt. Nachdem er jeweils ein spannungsgeladenes Klangfeld aufgebaut hatte, schwang Lehmler sich mit Sopran- oder Tenorsaxofon hinein. Sie hauchte, blies, brummte und breitete weite Melodiebögen wie Flügel eines großen Vogels aus. Ein Stück war nicht von dem Musikerpaar: „La Pasionaria“ in Erinnerung an den am 11. Juli gestorbenen Bassisten Charlie Haden.

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