Speyer Mehr positives Durcheinander

Grüne Insel auf dem St.-Guido-Stifts-Platz: „Inspeyered“-Initiatorin Juliane Stadler an einem der Hochbeete, den Verein und Mits
Grüne Insel auf dem St.-Guido-Stifts-Platz: »Inspeyered«-Initiatorin Juliane Stadler an einem der Hochbeete, den Verein und Mitstreiter bei der jüngsten Aktion bepflanzt haben.

Da stehen sie: Kleine grüne Inseln auf dem sonst eher kargen St.-Guido-Stifts-Platz. Drei Hochbeete mit den unterschiedlichsten Pflanzen, Ergebnis der jüngsten Aktion des gemeinnützigen Vereins „Inspeyered“. Zur „Pflanzparty“ hatte dieser Anfang Mai eingeladen. Rund 50 Helfer buddelten gemeinsam, entstanden ist am Ende eine Blühfläche für Insekten. Doch Inspeyered verfolgte mit der Aktion noch ein ganz anderes, größeres Ziel. Bei den wenigen Beeten soll es nach den Vorstellungen von Initiatorin Juliane Stadler nicht bleiben: „Die Aktion war als Impuls gedacht, was man als einzelner alles machen kann, um mehr Grün in die Stadt zu bringen“, sagt sie. Das sei die eigentliche Agenda von Inspeyered – Menschen aus ihrer gefühlten Hilflosigkeit zu befreien. Stadler und einige Mitstreiter gründeten den Verein, der als Initiative begann, im Frühjahr 2017 – nach der Wahl von US-Präsident Trump und dem Brexit-Votum in Großbritannien. „Ich war von diesen Entwicklungen frustriert und dachte: Die Bundestagswahlen stehen bevor. Wie kann man verhindern, dass Populisten auch hier solch großen Zulauf bekommen?“, erinnert sich die promovierte Archäologin an die Gründungszeit von Inspeyered. Ihre Lösung: „Ich dachte, am ehesten kriegen wir die Leute, wenn wir ihnen zeigen, dass sie nicht hilflos sind, dass jeder was tun kann. Wir wollten eine Plattform bieten, die es ermöglicht, Kräfte zu bündeln.“ Workshop-Idee Klimainseln Seitdem bietet der Verein regelmäßig Foren und Workshops zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Themen wie Geschlechterrollen und Zivilcourage an. Von Anfang an sei es auch Ziel des Vereins gewesen, sich für Nachhaltigkeit einzusetzen. „Demokratie und Nachhaltigkeit mitzugestalten sind ein Grundgedanke der Initiative.“ Aus einem der Workshops ging die Idee zur Pflanzparty hervor. Stadler freut sich, dass so viele Speyerer sich dabei eingebracht haben. „Wenn Anwohner und Bürger selbst aktiv werden, haben sie einen ganz anderen, persönlicheren Bezug zu der Sache, als wenn irgendjemand einfach irgendwas einpflanzt“, sagt sie. Ganz nach dem Motto „Kräfte bündeln“ haben nicht nur Anwohner die Aktion unterstützt – auch die Speyerer Bieneninitiative hat ein Hochbeet bepflanzt. „Hier entsteht eine Bienenweide“, steht dran. In der Stadtgärtnerei arbeitet Stadtimkerin Doris Hoffmann beim Besuch der RHEINPFALZ gerade an einer eigenen Aktion der Bieneninitiative: dem „Sommerbienenprojekt“ in Zusammenarbeit mit der Klosterschule. Dafür lässt Hoffmann einen kleinen Honigbienenschwarm gerade in ein neues Quartier einziehen: Summend und brummend krabbeln die kleinen Tierchen in Richtung einer großen Holzkiste, in der ihre Königin bereits auf sie wartet. Ziel des „Sommerbienenprojekts“ ist es, die Schüler an der Entwicklung eines Schwarms teilhaben zu lassen. „Sie verfolgen, wie die Königin Eier legt, wie die Bienen schlüpfen, und erhalten so ein anderes Verhältnis zu den Insekten“, erklärt Hoffmann. Doch auch Erwachsene könnten mehr für die Bienen in der Stadt tun. „Speyer braucht mehr artenreiche Wiesen“, sagt Hoffmann. „Die meisten mulchen, und schneiden viel zu oft. Eine richtig artenreiche Wiese ist aber mager.“ Bienenhotels, wie sie viele Menschen derzeit im Garten aufstellten, seien eine nette Idee, nützten aber nur rund 25 Prozent der Wildbienenpopulation, den Mauerbienen. „Die meisten Bienen nisten in Böden, sie brauchen einen schütteren Boden, keinen superdichten Rasen“, so die Stadtimkerin. Schlecht für die Insektenvielfalt seien zudem Steingärten. „Vielleicht müssen wir auch einfach mal in uns gehen und unser Ästhetik-Empfinden umerziehen, sodass wir das als schön empfinden, was Leben enthält“, sagt Hoffmann. Neue Blühflächen geplant Auch Juliane Stadler plädiert für mehr Aufklärungsarbeit bei dem Thema. „Man muss die Menschen sensibilisieren, dass nicht immer alles gepflegt aussehen muss. Auch ein wildes Durcheinander kann einen positiven Effekt haben.“ Inspeyered habe bereits neue Ideen für mehr „positives Durcheinander“ in der Stadt: Stadler und ihren Mitstreitern schweben Blühflächen etwa am Flugplatz und an der Uni vor. Das sei aber noch in der Planungsphase. Das nächste konkrete Projekt ist für morgen geplant und soll auch wieder Insekten zugute kommen: Zum zweiten Mal lädt der Verein zur „Bienenkübel“-Pflanzaktion ein. Stadler hofft, dass viele Anregungen finden, wie sie mehr für eine nachhaltige Zukunft der Stadt tun können. „Das soll sich nicht auf Einzelinitiativen beschränken, sondern eine große Sache werden.“ Termin Bienenkübel-Pflanzaktion morgen, Samstag, 14 bis 18 Uhr, bei der Bühne auf der Maximilianstraße. Teilnehmer sollen ein eigenes Gefäß zum Bepflanzen mitbringen, Substrat sowie Kräuter, Stauden und Blumen sind gegen Spende bei Inspeyered erhältlich. Ziel ist es, Minibiotope und Klimainseln zu schaffen, die Insekten Futter und Rückzugsort bieten. Die Aktion richtet sich insbesondere an Menschen, die keinen eigenen Garten haben. Näheres gibt es im Internet unter www.inspeyered.de.

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