Speyer Lohse zögert – und die CDU bangt
Ludwigshafen. Sie ist schon gewöhnungsbedürftig – die Vorstellung, dass Ludwigshafen nicht mehr von Eva Lohse regiert wird. Am Ende ihrer zweiten Amtszeit, im Januar 2018, sitzt die Verwaltungsjuristin stolze 16 Jahre im Chefsessel. Sicherheitshalber sollte sich ihre Partei aber schon mal mit dem Gedanken befassen, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin für ihre Galionsfigur aufzubauen. Denn noch hat die 60-Jährige sich nicht entschieden, ob sie für eine dritte Amtszeit antritt. Und selbst wenn sie nach den Herbstferien zu dem Entschluss kommt, den Hut erneut in den Ring zu werfen: Ein Selbstläufer wird die OB-Wahl dieses Mal nicht. Mit der Europaabgeordneten Jutta Steinruck schicken die Genossen eine Frau ins Rennen, die Lohse auf Augenhöhe begegnet und schon mächtig für sich trommelt. Die SPD-Spitze hat sich bereits im April auf die 53-Jährige festgelegt. Die offizielle Nominierung im Oktober, erstmals bei einer Vollversammlung, ist reine Formsache. Steinruck nutzt derweil den Vorsprung frei nach dem Motto: Wo Lohse auftaucht, bin ich schon gewesen. Trotz ihrer Brüsseler Verpflichtungen ist die Sozialpolitikerin aus West in der Stadt allgegenwärtig. So zog sie am Wochenende gemeinsam mit Ortsvorsteher und Parteikollege Udo Scheuermann symbolträchtig den Kerwewagen beim Edigheimer Umzug, schnitt mit ihm den Quetschekuchen an und bekam von Alt-OB Werner Ludwig anlässlich seines 90. Geburtstags den väterlichen Ritterschlag. „Steinruck ist die beste Kandidatin, die die SPD finden konnte“, sagte der Mann, der die lange von den Roten dominierte Stadt 28 Jahre regiert hat: von 1965 bis 1993. Warum zögert Lohse und wiegt die CDU damit in Ungewissheit? Das hat einerseits familiäre Gründe. Ihr Mann Gustav, ein Mediziner, geht bald in den Ruhestand. Außerdem ist Lohse in diesem Jahr erstmals Großmutter geworden. Ihre Tochter lebt mit ihrem Mann und dem Nachwuchs in den USA. Als OB bleibt ihr kaum Zeit für ihr Enkelkind. Sicher beschäftigt sie auch der richtige Zeitpunkt für einen stilvollen Abgang: Nach zwei recht erfolgreichen Amtszeiten ginge sie dem Risiko einer möglichen Wahlniederlage 2017 jedenfalls aus dem Weg. Wie auch der Frage, ob sie eine dritte Periode tatsächlich volle acht Jahre lang durchziehen will. Ein eher unwahrscheinliches Szenario, denn dann würde Lohse auf die 70 zusteuern. Andererseits reizt es die gebürtige Ludwigshafenerin gewiss, von ihr angestoßene Megaprojekte wie den Hochstraßenabriss und das Entwicklungsprojekt City West zu begleiten. Und als Präsidentin des Deutschen Städtetags würde Lohse – im Falle eines Siegs bei der OB-Wahl – in dieser Position bis 2019 bundesweit und damit auch direkt im Kanzleramt Gehör finden. Weil die SPD seit Juni mit Helmut Dedy den Hauptgeschäftsführer des kommunalen Spitzenverbands stellt, hat die Union turnusmäßig nun vier statt zwei Jahre Anspruch auf den prominenten Präsidenten-Posten. Bei der Ludwigshafener Sommerredaktion der RHEINPFALZ am Montag sagte Lohse, sie müsse in aller Ruhe das Für und Wider dieser Gemengelage ausloten. Derweil äußerte sich CDU-Kreisvorsitzender Ernst Merkel zuversichtlich, dass Lohse erneut zur Verfügung steht. Was bleibt ihm auch anderes übrig? Sollte die 60-Jährige nicht kandidieren, wäre das ein herber Schlag für die bereits bei den Kommunal- und Landtagswahlen gebeutelte Partei. Im Stadtrat hat sie zwar nur einen Sitz weniger als Koalitionspartner SPD (21). Die Genossen stellen aber sieben von zehn Ortsvorstehern. Aktuell steckt die CDU somit etwas in der Klemme: Sagt Lohse ab, dann müsste wohl Bau- und Umweltdezernent Klaus Dillinger (55) als Kandidat in die Bresche springen. Die Chancen für eine Titelverteidigung würden rapide sinken. Bewirbt sich Lohse erneut, ist das keine Erfolgsgarantie, weil wohl auch die AfD einen Kandidaten aufbieten wird. Die Grünen liebäugeln ebenfalls damit. Inklusive dem Unabhängigen Bernhard Wadle-Rohe (64) wären dann vier oder fünf Bewerber im Rennen. Eine Stichwahl wäre wahrscheinlich – es wäre die erste für Lohse. Angesichts dieser Begleitumstände hat sich CDU-Chef Merkel sehr weit aus dem Fenster gelehnt, als er bereits vor Monaten im Brustton der Überzeugung meinte: „Tritt Lohse wieder an, gewinnt sie.“ In SPD-Kreisen hat man seine Einschätzung sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen.