Speyer „Lohn nicht sittenwidrig niedrig“

Schifferstadt. Viele Pflegebedürftige wollen die eigenen vier Wände nicht verlassen. Die Angehörigen greifen dann oft auf Hilfskräfte aus Osteuropa zurück. Doch welche Regeln sind dabei zu beachten? Darüber klärt Gudrun Matusch, Juristin beim Informations- und Beschwerdetelefon Pflege der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, bei einem Vortrag in Schifferstadt auf. Christian Treptow erklärt sie, worauf man achten muss, wenn man bei der Vermittlung über eine Agentur geht und wann die Hilfskräfte illegal beschäftigt sind.

Frau Matusch, haben Sie selbst schon mal die Hilfe einer Pflegekraft aus Osteuropa in Anspruch genommen?

Nein. Ich habe keine praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet. Auch im Bekanntenkreis fällt mir niemand ein. Können Sie aufgrund Ihrer beruflichen Erfahrung einen Kardinalsweg empfehlen, wie man an gute Pflegekräfte kommt? In der Regel verlässt man sich auf Mundpropaganda. „Ich kenne da jemanden, der gut war. Fragt doch mal nach.“ Menschen, die sich an uns wenden, fragen immer wieder nach einer Liste mit seriösen und zuverlässigen Agenturen. Die gibt es aber leider nicht. Dafür müssten die Agenturen getestet werden – ein Aufwand, den wir nicht leisten können. Okay, dann andersrum: Haben Sie eine Liste mit Agenturen, die nicht gut sind? Leider auch nicht – auch dafür gibt es keine Datenbasis. Es kommt natürlich immer mal vor, dass sich jemand über eine Agentur beschwert, weil es Ärger gegeben hat. Das sind aber allenfalls vier, fünf Leute im Jahr. Dabei richten sich die Beschwerden dann noch gegen verschiedene Agenturen. Sie klingen so, als ob Sie das nicht zufriedenstellt. Natürlich wären Erhebungen schön. Aber wie gesagt, das ist sehr zeitintensiv. Die Stiftung Warentest hat vor fünf Jahren 17 Agenturen etwas unter die Lupe genommen. Aber das Geschäft ist relativ schnelllebig, sodass der Testbericht inzwischen nicht mehr aktuell genug ist. Dann geben Sie doch mal einen Tipp: Auf was muss ich achten, wenn ich mir eine Pflegekraft aus Osteuropa über eine Agentur holen will? Grundsätzlich empfehle ich, darauf zu achten, dass eine von einem ausländischen Arbeitgeber entsandte Person die sogenannte A1-Bescheinigung in den Händen hat. Meistens soll es schnell gehen, und die Ausstellung der Bescheinigung dauert eine gewisse Zeit. Dann sollte zumindest ein Nachweis verlangt werden, dass die Bescheinigung beantragt wurde. Wie erkenne ich die „schwarzen Schafe“? Oh, ich würde nicht gleich an das „schwarze Schaf“ denken. Aber ich würde mir die Verträge gut anschauen: Welche Kündigungsfristen habe ich? Sind Vertragsstrafen vorgesehen? Hellhörig sollte man werden, wenn man die besagte A1-Bescheinigung sehen will und die Firma versucht, abzuwiegeln. Wenn das Hauptzollamt mal vor der Tür steht, ist das mit das Erste, wonach gefragt wird. Wenn ich mir eine Pflegekraft ins Haus hole, werde ich ja zum Arbeitgeber ... Moment. Das ist aber nur eine Variante. Es gibt drei übliche Formen. Erstens die direkte Anstellung. Zweitens die Entsendung. Das heißt: Ein ausländisches Unternehmen schickt den Arbeitnehmer, damit er bei mir arbeitet. Und drittens die Möglichkeit, dass Selbstständige, die in ihrem Land ein entsprechendes Gewerbe ausüben, vorübergehend hier tätig sind. Das Risiko ist aber, dass es sich dabei um eine Scheinselbstständigkeit handeln kann. So oder so – mich erwartet ein Formular-Dschungel. Können Sie mir da helfen? Nein, das können wir leider nicht leisten. Aufwendig ist die Organisation vor allem bei einer Anstellung im Haushalt. Da geht es zum Beispiel darum, Arbeitsverträge zu formulieren, Anmeldungen zur Sozialversicherung vorzunehmen, Beiträge und Steuern abzuführen. Das sind Dinge, die nicht in den Aufgabenbereich einer Verbraucherzentrale fallen. Es wäre aber für viele Betroffene sicher hilfreich, wenn sie Unterstützung finden könnten. Wann beschäftige ich illegal? Wenn die Pflegekraft nicht aus einem EU-Land kommt und diese Person keine Arbeitserlaubnis hat. Beschäftigt man die Helferinnen, ohne Sozialversicherungsbeiträge und Steuern abzuführen, ist das Schwarzarbeit. Dasselbe gilt, wenn zum Beispiel die Entsendung nicht wirksam ist. Und: Die Helferinnen müssen angemessen bezahlt werden. Was heißt „angemessen“? Der Lohn sollte dem üblichen Tariflohn oder ortsüblichen Lohn entsprechen. Als Anhaltspunkt wird dabei in der Regel der Tarif für Haushaltshilfen herangezogen. In Rheinland-Pfalz sind das derzeit monatlich 1409 Euro brutto. Auf keinen Fall darf der Lohn sittenwidrig niedrig sein. Ab Januar 2015 muss man wenigstens den allgemeinen Mindestlohn zahlen, der bei 8,50 Euro pro Stunde liegen soll. Gibt’s eine Möglichkeit, wie ich die Qualifikation der Pflegekraft überprüfen kann? Häufig haben die Pflegerinnen und Betreuungskräfte keine spezielle Ausbildung für die Tätigkeit. Auch hier können Sie sich an die Agentur halten. Die sollte Personalunterlagen vorliegen haben und Auskunft geben können, wie befähigt jemand ist oder welche praktischen Erfahrungen vorhanden sind. Man sollte ruhig nachfragen, ob die Personen vielleicht an einer Qualifizierung eines Anbieters in ihrem Heimatland teilgenommen haben. Sie können auch fragen, ob Sie telefonisch mal mit Ihrer Kandidatin in Kontakt treten können. Dann haben Sie auch gleich die Möglichkeit zu überprüfen, wie gut die Deutschkenntnisse sind. Und wenn die Agentur das dann ermöglicht, ... ... ist das auf jeden Fall positiv zu bewerten.

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