Speyer „Lind und süß, traurig und trist“

Aussschließlich Stücke in der Tonart c-moll haben auf dem Programm der letzten „Geistlichen Abendmusik“ dieses Jahres in der Speyerer Gedächtniskirche gestanden. Das Orgelkonzert von Kirchenmusikdirektor Robert Sattelberger am Sonntagabend war sehr gut besucht.

Wie Sattelberger zu Beginn erläuterte, galt die Tonart in alten Beschreibungen als „lind und süß, aber auch traurig und trist“. So habe er Musikstücke ausgesucht, die bereits auf das Ende des Kirchenjahres mit den Gedenktagen im November verwiesen. Der Organist begann mit Felix Mendelssohns „Präludium und Fuge c-moll“, entstanden etwa 1836/1837. Mendelssohns leidenschaftliche Verehrung für Johann Sebastian Bach hatte entscheidenden Anteil an der neu entdeckten Wertschätzung Bachs in der romantischen Musikepoche. Entsprechend ließ sich dessen Einfluss im Stück nicht verkennen. Leicht, lebhaft und elegant klang es, von Tristesse war nichts zu spüren. Vom Bewunderer zum Bewunderten: Bachs Partite diverse sopra „O Gott, du frommer Gott“ vereint insgesamt neun Varianten des alten Kirchenliedes. Der schlichte Choral wurde als Thema und erste Strophe vorangestellt, die nachfolgenden „Partite“ variierten nicht nur das Thema immer wieder neu, sondern brachten auch jeweils neue Klangfarben ein, beginnend mit tiefen Holzbläsern. Die anschließende Triosonate II ist eine von sechs derartigen Stücken, die Johann Sebastian Bach als Übungen für seinen ältesten Sohn Wilhelm Friedemann verfasst haben soll. Technisch vertrackt genug war diese Triosonate mit mehreren unabhängig geführten Stimmen in lebhaftem Tempo allemal. Bach hat seinem Sohn nichts erspart. Höhepunkt und letzter Programmpunkt der Abendmusik war die Sonate in c-moll von Julius Reubke zum 94. Psalm. Reubke, der 1858 mit gerade einmal 34 Jahren gestorben war, war Schüler von Franz Liszt in Weimar. Die Orgelsonate ist eine gewaltige symphonische Dichtung voller Düsternis. Den vier Sätzen ist jeweils ein Psalmen-Zitat vorangestellt. Im 94. Psalm schreit der Psalmist zum Gott der Vergeltung und Richter der Welt nach Rache und Strafe für die Gottlosen: „Erhebe dich, du Richter der Welt, vergilt den Hoffärtigen, was sie verdienen.“ So hob Sattelberger die Sonate in den tiefsten Bass-Tonfarben an und steigerte sich immer wieder dramatisch zu brausenden Stürmen und Gewittern. Grollend und wütend stellt das Stück eine wahre Umsetzung des Gerichts am Ende der Zeiten dar – allerdings ohne die sanften, freundlichen Töne für die Seligen. Sattelberger setzte diese musikalische Höllenpredigt, die zu den großen Orgeldichtungen des 19. Jahrhunderts zählt, kongenial in Szene.

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