Speyer Krasse Kontraste

Das Konzert des MGV Eintracht Waldsee in der katholischen Kirche hat am Samstagabend so begonnen, wie man es von einem klassischen Männerchor fortgeschrittenen Alters erwartet: mit einem Volkslied. In der Folge überraschten die Sänger aber umso mehr.

„Jenseits des Tales“ war das erste Stück des Abends. „Ich bin ein totaler Fan von diesem Lied, aber die Männer wollen das gar nicht mehr singen“, sagte Dirigent Stefan Golea. Ihm zuliebe haben sie es noch mal getan, aber die Eintracht-Männer wollen anders und können dank Golea auch ganz anders. „Rock meets Classic – Klassik trifft Rock“ war das Motto des Konzertes. Eigentlich viel zu lahm, denn was geboten wurde, waren knallharte Kontraste, die man einem altgedienten Chor gar nicht zutraut. Kontraste, die auch das Publikum immer wieder überraschten, denn es wurde brutal von romantisch nach modern, von gruselig nach lieblich, vom Mittelalter in die Neuzeit katapultiert. So folgte auf das Volkslied der Hit „Altes Fieber“ von den Toten Hosen. Beides seien Gassenhauer in ihrer Zeit gewesen, erklärte Peter Golz, der durch das Programm führte. Immer zwei Lieder am Stück sang der Chor. Lieder, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber doch zum gleichen Thema gehörten. Mal a capella, mal von Uwe Balser am Klavier begleitet. Was haben „Die Nacht“ von Franz Schubert und „Das Modell“ von Kraftwerk gemeinsam? Im Grunde sind sie beide romantisch, denn es geht um Liebe. Was verbindet den Matrosenchor von Richard Wagner und die „Sonne“ von Rammstein? Beide Komponisten lieben es laut und monumental. „Wagner hätte die Bühnenshow von Rammstein sicher gefallen“, sagte der Moderator. Oder der Gefangenenchor aus Nabucco von Verdi mit „Mamma Maria“ von Ricchi e poveri? Beide sind aus Italien. Beim ersten schmolz das Publikum dahin, beim zweiten wurde erst mal ungläubig geschaut, denn Stefan Golea wechselte die Seiten und begann, zusammen mit seiner Frau Tatjana die Strophen des Liedes zu singen. Der Chor übernahm den Refrain, während Golea lässig mit dem Rücken zum Chor auch noch dirigierte. Dass Golea selbst singt, ist in Waldsee noch nicht vorgekommen, auch wenn er es ruhig schon eher mal hätte machen dürfen. Dass seine Familie musikalisch ist, ist dagegen längst bekannt. Nicht zum ersten Mal traten Tatjana Golea und die 16-jährige Tochter Maria als Solisten auf. Maria überzeugte vor der Pause mit „May it be“, aus dem Film „Herr der Ringe“. Im zweiten Teil das Konzertes sang sie mit ihren Freundinnen Mareike und Carolin „Ich bin ich“ von Glasperlenspiel und „Sleeping Sun“ von Nightwish. Kurz vor Schluss wurde es noch mal klassisch mit dem Priesterchor von Mozart. Doch bevor sich das Publikum zu sehr daran gewöhnen konnte, setzte der Chor mit „Amadeus“ von Falco nach. 36 Sänger, die zusammen einen Rap hinlegen, das ist sicher nicht einfach. Bei diesem Konzert haben die Sänger zeigen können, was in ihnen steckt. Am Ende gab’s was fürs Herz: die Hymne „Freiheit“ von Marius Müller-Westernhagen. In der fast voll besetzten Kirche wurden zwar nicht die Feuerzeuge angezündet, aber doch die vorher ausgeteilten Knicklichter angemacht.

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