Speyer Kosmos an Klängen

Nach seiner Widor-CD, die Ende 2017 erschien, hat Domorganist Markus Eichenlaub nun eine neue CD vorgelegt, die natürlich wieder im Dom zu Speyer aufgenommen wurde und die die Qualität der beiden Seifert-Orgeln ebenso eindrucksvoll belegt wie die Spiel- und Gestaltungskunst des Organisten. „Variations Symphonique“ ist der Titel des auch in der Optik sehr schön gewordenen Silberlings.
Vier Orgelwerke von Johann Sebastian Bach, César Franck, Sigfrid Karg-Elert und Franz Schmidt sind hier zu hören – mithin hoch- und spätromantische Orgelmusik, denn Bachs berühmte Chaconne d-moll aus der Partita für Violine solo erklingt in einer Orgelfassung des Reger- und Straube-Schülers Arno Landmann, der von 1887 bis 1966 lebte und Orgelvirtuose sowie lange Jahre Kantor an der Mannheimer Christuskirche war. Mit diesem Stück beginnt die CD, die Ende Mai 2018 im Dom aufgenommen wurde. Das Stück deutet Bach aus der Sicht der Zeit um 1900 und klingt deshalb eher wie Reger als wie Barockmusik, aber die Wirkung ist phänomenal. Das liegt natürlich in hohem Maße an dem Spiel von Markus Eichenlaub, der in der Tempo- und Klangdisposition die Effekte dieser opulenten Fassung voll ausreizt. Die Speyerer Orgeln eröffnen hier schier unerschöpfliche Möglichkeiten – und so entfaltet Eichenlaub in 17 Minuten und 39 Sekunden bei den über 30 Variationen einen wahren Kosmos an Klangvisionen und musikalischen Stimmungen, der auch beim Hören der CD einen riesenhaften imaginären Klangraum aufbaut. César Francks drei Choräle für Orgel gehören zum Kernbestand des Repertoires der Organisten. Auf dieser CD sind allerdings die eigentlich für Klavier und Orchester geschriebenen „Variations Symphoniques“ in einer Orgelfassung von Jörg Abbing zu hören. Der Titel, der ja auch der ganzen CD ihren Namen gab, verweist auf den hohen Anspruch der Musik, der die lange als leichtgewichtig angesehene Form des Variationenzyklus’ mit sinfonischer Bedeutung erfüllt. Das gilt für alle vier Werke, die von Markus Eichenlaub hier musiziert werden. Im Hinblick auf den drohenden harten Brexit ist Sigfrid Karg-Elerts „Hommage to Handel“ op. 75 ein Stück der Stunde. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs schrieb es der Komponist als Dank für eine englische Auszeichnung in deutsch-englischer Verbundenheit. Es ist eine Passacaglia über ein Thema aus Händels g-moll-Suite für Cembalo und bewegt sich virtuos zwischen romantischem und barockem Stil. Eichenlaub wird allen Facetten der aparten Komposition, in der auch das Halleluja aus dem „Messiah“ aufscheint, mit Überzeugungskraft gerecht. Das längste Werk auf der CD sind Variationen und Fuge über ein eigenes Thema des österreichischen Spätromantikers Franz Schmidt, der hier die Königsfanfaren aus seiner Oper „Fredigundis“ bearbeitet. Das überaus weiträumig angelegte Stück wird von Markus Eichenlaub überlegt und bis zu seinem triumphalen Schluss überaus wirkungsvoll aufgebaut. Es ist eine absolut hörenswerte und spannende Orgel-CD mit attraktiven Stücken in packendem Vortrag durch den Domorganisten. Gelungen ist auch die optische Aufmachung mit lesenswerten Texten, schönen Bildern und einem sehenswerten Cover. Die CD „Variations Symphonique“, Orgelwerke von Bach, Franck, Karg-Elert und Schmidt mit Domorganist Markus Eichenlaub an den Seifert-Orgeln des Doms zu Speyer. Diamo CD-L 30611. In Speyer ist die CD bei den örtlichen Buchhandlungen, dem Musikalienhandel Capella Verlag und in der Dominfo sowie nach den Domkonzerten zu erwerben. Auch das Büro der Dommusik nimmt unter dommusik@bistum-speyer.de Bestellungen entgegen.