Speyer „Im Panzer ans Nordkap und zurück“

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Der Mechtersheimer Tobias Weis (32) startet mit seinem Team ab Mitte Juni bei der Baltic Sea Circle Rallye. Das heißt, 7500 Kilometer durch zehn Länder von Hamburg ans Nordkap und zurück – alles in 16 Tagen und für einen guten Zweck. Martin Erbacher hat ihn zur nördlichsten Rallye des Erdballs befragt.

Wieviel Geld kostet Sie das Abenteuer Baltic Sea Circle?

Glücklicherweise hatten wir ein passendes über 20 Jahre altes Auto, das nur kleinere Reparaturen benötigte. Trotzdem kommen wir mit Anmeldegebühr für drei Personen, Visagebühren für Russland, Benzin, Anbau- und Reparaturteilen sowie der Ausrüstung für Zelte, Kocher und so weiter auf zirka 1200 Euro pro Person. Wieviel Zeit haben Sie in die Vorbereitungen gesteckt? Angemeldet haben wir uns im September. Seitdem laufen die Vorbereitungen regelmäßig abends und an Wochenenden, oft auch mit drei weiteren Teams aus Frankfurt. Neben der Vorbereitung des Autos und der Packliste muss natürlich auch noch Zeit für die Öffentlichkeitsarbeit sowie das Spendensammeln eingeplant werden. Die technischen Spielereien für die Dokumentation wie Computer im Handschuhfach, Frontkamera, Drohne und Kameras sorgen auch oft für lange Abende in der Garage. Wer hatte die Idee für die Teilnahme? Das fing mit einer kleinen Spinnerei im Sommer an. Ich sprach mit einem Freund darüber, dass wir eine größere Tour zusammen machen sollten. Ein paar Stunden später hatten wir uns auf diese Rallye geeinigt, und wenige Wochen später waren wir schon angemeldet. Zwischenzeitlich hatten wir noch mehr Freunde begeistert, so dass wir nun insgesamt vier Teams aus unserem Bekanntenkreis stellen. Wie hat das Dreier-Team zueinandergefunden? Da besagter Freund mit dem Motorrad antreten wollte, ich aber mit dem Auto, sprach ich kurz mit Nico Kolesnikow, einem Freund und ehemaligen Kommilitonen in Frankfurt, darüber, und er war sofort dabei. Auch Mariam Kamarauli kenne ich vom Campus. Sie macht ebenfalls ihren Doktor, jedoch in Sprachwissenschaften. Als sie von unseren Plänen erfuhr, meldete sie sich spontan als drittes Team-Mitglied bei der Rally-Leitung an. Wie organisieren Sie die Spendenaktion? Wir haben Flyer entworfen und gedruckt, Firmen angeschrieben und unser Projekt in den sozialen Medien und auf unserer Internetseite präsentiert. Bisher stammen alle Spenden jedoch ausschließlich von Privatpersonen aus dem Bekanntenkreis. Abgewickelt werden die Spenden über helpedia, ein Service bei dem man ganz unkompliziert per Lastschrift oder Paypal überweisen kann. Es gibt automatisch eine Spendenquittung, und das Geld geht ohne Umwege direkt an die von uns unterstützten Organisationen. Wen unterstützen Sie? Wir unterstützen das Kinderprojekt Die Arche sowie die Autonomen Jugendwerkstätten Hamburg, da wir deren Arbeit sehr schätzen und es für unabdingbar halten, Kindern und Jugendlichen mit etwas weniger Glück eine Perspektive zu bieten und bereits früh zu fördern. Beschreiben Sie mal Ihr Fahrzeug. Es ist ein 20 Jahre alte Mercedes-Benz E-Klasse in Rauch-Silber mit einigen Schrammen und Kratzern, aber ansonsten noch gut in Schuss. Er ist aufgrund seines Gewichts, der Größe und der robusten Bauweise trotz 150 PS etwas schwerfällig, weshalb wir ihn liebevoll den Panzer nennen. Mittlerweile hat er eine Frontkamera und einen Computer im Handschuhfach, damit werden wir Zeitraffer-Aufnahmen von der Fahrt machen. Der Stern überlebte nie länger als ein paar Wochen, deshalb haben wir im Moment eine Kühlerfigur aus dem 3-D-Drucker. Was bedeutet der Teamname AFK? Nico ist Elektroingenieur. Ich mache gerade meinen Doktor in Informatik, Mariam in Sprachwissenschaften. Das heißt, wir verbringen alle sehr viel Zeit vor dem Computer. AFK ist ein Kürzel, das für „Away from Keyboard“ steht, was generell benutzt wird, um andere schnell in Chats oder E-Mails zu informieren, dass man gerade nicht am Computer sitzt. Wir fanden das sehr passend und haben deshalb unser Team danach benannt. Was zeichnet die Rallye aus? Es gibt viele Faktoren. Die Autos müssen mindestens 20 Jahre alt sein. Navigiert werden darf nur mit Karten. GPS-Navigation und Autobahnen sind tabu. Zusammen mit dem Spenden-Sammeln sind das für uns schon deutliche Unterschiede zu konventionellen Rallyes. Wie wird bei der Rallye gewertet? Wer denkt, dass wir in Walter-Röhrl-Manier durchs Unterholz brettern, wird leider enttäuscht. Es gibt ein Roadbook, das zum Start ausgegeben wird. Darin befinden sich unter anderem Aufgaben, die während der Rallye zu lösen sind und die Teams mit der jeweiligen Landeskultur und den Menschen bekannt machen und an tolle Orte führen sollen. So gab es in den letzten Jahren zum Beispiel die Aufgabe, eine ganze Dose Surströmming, ein bestialisch stinkendes Fischgericht aus Schweden, zu essen, ein Foto mit einem Geiger auf seinem Dach aufzunehmen oder eine Wikingertaufe durchzuführen. Aber auch für Übernachtungen im Zelt gibt es bereits Punkte. Wo haben Sie den Ernstfall getestet? Im Februar unternahmen wir eine Proberallye mit drei anderen Teams, Team 23 - Kommando Heinz Schenk, MainPiraten, Gallus Racing Team. Der erste Zwischenstopp war auf dem Pfadfindergelände des Roten Milan in Windecken. Hier testeten wir die Zelte und Schlafsäcke bei Minusgraden und Regen. Am nächsten Tag ging es dann weiter durch verschneite Wälder zu Bekannten nach Tschechien, wo wir eine weitere Nacht verbrachten. Bis auf die Rettung unseres im Schlamm festgefahrenen Panzers gab es keine größeren Zwischenfälle, so dass wir unserem Abenteuer sehr optimistisch entgegensehen. Ist eine Neuauflage oder ein noch größeres Abenteuer geplant? Ein noch größeres Abenteuer zu finden ist schwer, allein vom zeitlichen Aufwand. Da wir aber die Ausrüstung besitzen und die Proberallye erfolgreich war, werden wir sicher häufiger ähnliche Abenteuer unternehmen.

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