Speyer Helfer gesucht
Für Ortsbürgermeisterin Friederike Ebli (SPD) ist die Aufnahme der Flüchtlinge „eine große Herausforderung“, die Hanhofen annehmen, aber „nicht alleine bewältigen“ könne. Mit einer Informationsveranstaltung hat sie am Donnerstagabend um die Mithilfe möglichst vieler der 2500 Hanhofener Bürger geworben.
Zum Stand der Dinge hatte Ortsbürgermeisterin Ebli am Donnerstagabend in die Kulturhalle verschiedene Menschen eingeladen: Vier Flüchtlinge erzählten über sich, daneben informierten Nizar Trabelsi, arabisch sprechender Sozialarbeiter der Verbandsgemeinde, Polizist Wolfgang Hoffmann, Johanna Frank und Matthias Hoffmann vom Arbeitskreis Asyl Römerberg sowie Sabrina Amberg und Anna Frick von der Verbandsgemeindeverwaltung die Zuhörer. Die Flüchtlinge Tareen Munir und Nazuri Mahdi, beide aus Afghanistan, sind zwei von 40 jungen Männern, die seit drei Wochen in Hanhofen leben. Sie wohnen in einem vom Kreis angemieteten ehemaligen Bürohaus im Gewerbegebiet, hergerichtet, in Wohnräume unterteilt, mit dem Mindesten ausgestattet von freiwilligen Helfern. Tareen Munir hofft auf Toleranz und Akzeptanz und er hofft, in Hanhofen „nicht zu stören“, wie er sagte. Nazuri Mahdi arbeitete in Afghanistan für die deutsche Armee, wurde deshalb verfolgt, möchte die Chance des Neuanfangs nutzen. Safi Abdulazim Khan, eineinhalb Jahre in Harthausen, stellte sich auf Deutsch vor, fand inzwischen Arbeit. Ali Hamon floh vor dem Krieg mit fünf syrischen Landsleuten, lebt seit sechs Monaten in Römerberg, hat eine Praktikumsstelle in Speyer, lernt und spricht Deutsch. Seine Erklärung, dass vor allem junge Männer fliehen: „Wir haben nur die Wahl, in der Syrischen Armee oder für den Islamischen Staat zu kämpfen.“ Religion sei ein vorgeschobener Grund des Konflikts. In seinem, vom Krieg bislang verschonten Heimatdorf, wohnten zur Hälfte Christen und Moslems. Zur Erklärung, warum sie oft mit dem Handy telefonierten, sagte Hamon: „Es ist unsere einzige Verbindung nach Hause.“ Der Polizist Wolfgang Hoffmann von der Polizeiinspektion Speyer ärgern die „derzeit in den sozialen Netzwerken umlaufenden Storys“. Beispiel für Speyer: Eine Frau kauft im Supermarkt ein, bei der Rückkehr sitzen (neben den beiden Kindern) zwei Flüchtlinge im Auto und verlangen von ihr, in die Unterkunft gefahren zu werden. Die Frau ruft die Polizei, die Beamten sagen, wir dürfen Flüchtlinge nicht anfassen. Hoffmann: „Wie bescheuert muss man sein, sowas zu verbreiten und zu glauben?“ 40 Prozent der Anrufer meldeten sich und fragten bei der Polizei nach, ob stimme, was sie aufgeschnappt hätten. Hoffmann: „Da ist ungeheuer viel Mist dabei.“ Gewalt in der Erstaufnahme-Einrichtung in Speyer könne er nicht bestätigen, tätliche Auseinandersetzungen unter den Bewohnern blieben die Ausnahme. Grundsatz der Polizei sei: „Wer schlägt, geht.“ Hoffmann und seine Kollegen fühlen sich in keiner Weise bedroht: „Auch die Bürger müssen keine Angst haben.“ Zu schaffen machten ihm und den Helfern viele der Schicksale. Die Helfer „Durchweg positiv“ sind die Erfahrungen von Johanna Frank im Asylkreis Römerberg: „Die Flüchtlinge sind sehr aufgeschlossen, höflich, sehr dankbar, für die Helfer erledigen sich Vorbehalte meist mit dem ersten Kontakt.“ Unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ seien die Paten in allem die Ansprechpartner, vermittelten die Flüchtlinge dann an die zuständigen Fachbehörden. Entscheidend sei, dass die Asylbewerber Arbeit fänden. Dazu sagte Sozialarbeiter Trabelsi: „Aktuell können Asylbewerber nach drei Monaten Arbeit annehmen oder eingestellt werden, bekommen nach sechs bis acht Monaten eine (vorläufige) Aufenthaltsgenehmigung.“ Voraussetzung für Arbeit ist das Erlernen der Sprache. Manchmal „mit deutlicher Ansage“. Trabelsi: „Du hast deinen Termin verpasst, jetzt guck, wie du alleine klarkommst.“ Asylbewerber brauchten Orientierung: „Wie soll er den Alltag lernen, wissen was hier üblich ist, wenn es ihm niemand zeigt?“ Die Mentalität unterschied Trabelsi: „In Deutschland wird geplant, dann umgesetzt, wir fangen irgendwie, irgendwo an, klappt es nicht, probieren wir etwas anderes.“ Der Römerberger Helfer Matthias Hoffmann berichtete: „Die Flüchtlinge wollen sich integrieren, keiner ist wegen des Geldes hier. Ist der Schritt aufeinander zu getan, sind Scheu und Angst auf beiden Seiten kein Thema mehr.“ Die Fragen, die Sorgen Auf die Frage, wie es mit Sprachunterricht geregelt sei, sagte Ortsbürgermeisterin Ebli: „Wir werden mit Ehrenamtlichen anfangen, danach sind Kurse bei der Volkshochschule vorgesehen.“ Elf Flüchtlinge spielen schon beim Fußballverein mit. Die katholische Frauengemeinschaft möchte mit regelmäßigen Kaffeerunden das Kennenlernen ermöglichen. Die Verbandsgemeinde hat ein Konto eingerichtet, auf das für die Flüchtlinge gespendet werden kann. Kita-Leiterin Martina Henkel berichtete von Ängsten, „die man ernst nehmen muss“, beispielsweise von jungen Müttern, die beim Spazierengehen mit dem Kinderwagen auf Flüchtlinge treffen. Hausärztin Waltraud Jobst erlebt in ihrer Praxis, dass Flüchtlinge mit Sprach- und Englischkenntnissen denen helfen, die sich nicht verständigen können. Die nächsten Schritte An Zuhörern waren 30, nach dem Ende des Jugendtreffs noch sieben Jugendliche gekommen. Otfried Dolich, als Reisender per Anhalter in Syrien und im Irak unterwegs und von der Gastfreundschaft dort begeistert, hätte mehr Menschen erwartet: „Vielleicht hat die Einladung zur Gründung eines Helferkreises Asyl manchen abgehalten.“ Ebli räumte ein: „So offiziell hätte ich’s eventuell nicht deklarieren sollen. Hinterher ist man schlauer.“ Sie will demnächst im Amtsblatt einen Kontakt veröffentlichen, an die sich die Interessierten wenden können: „Jeder ist willkommen, wir sind für jeden dankbar. Schlafen Sie drüber, überlegen Sie es sich, rufen Sie mich an.“