Schwetzingen Großherzog Friedrich besucht Synagoge im Schloss

Der nördliche Zirkelbau des Schwetzinger Schlosses: hier war die Synagoge.
Der nördliche Zirkelbau des Schwetzinger Schlosses: hier war die Synagoge.

Schwetzinger Schloss-Geschichten: Am 16. Mai 1901, also vor 120 Jahren, besuchte der badische Großherzog Friedrich die Synagoge, die sich im nördlichen Zirkel des Schlosses befand. Der Besuch ist als Ausdruck der rechtlichen Integration der jüdischen Bürger zu deuten.

Um 1900 verfasste der Lehrer Simon Eichstetter die Geschichte der Jüdischen Gemeinde von Schwetzingen. Auch tagesaktuelle Ereignisse hielt er fest, darunter einen hohen Besuch. Eichstetter vermerkte für den 16. Mai 1901: „Schon einige Male wurde unsere Synagoge durch den Besuch der Allerhöchsten Herrschaften, Großherzog Friedrich und Großherzogin Luise, beehrt. Am 16. Mai 1901, vor 120 Jahren, durchschritt Großherzog Friedrich anlässlich eines hier abgehaltenen Wohltätigkeitsfestes die Synagoge, welche festlich dekoriert war.“

Der Besuch war auch als Ausdruck der rechtlichen Integration der jüdischen Bürgerinnen und Bürger zu verstehen: Denn unter Großherzog Friedrich I. war 1862 deren vollständige Gleichstellung in Baden gesetzlich festgehalten worden.

Die Jüdische Gemeinde in Schwetzingen konnte 1898 einen Raum im nördlichen Zirkelbau der ehemaligen kurfürstlichen Sommerresidenz zu ihrer Synagoge machen. Zunächst nur als Provisorium geplant, blieb der Betsaal bis 1933 im Schloss erhalten.

Staatsbürgerliche Rechte ab 1809

Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts lebten nur wenige Menschen jüdischen Glaubens in Schwetzingen – 1801 waren es fünf Familien. Als „Schutzjuden“ waren sie dazu verpflichtet, den kurpfälzischen Herrschern Zahlungen zu leisten. Erst nachdem Schwetzingen 1803 Teil des Großherzogtums Badens geworden war, verbesserte sich die rechtliche Lage der jüdischen Einwohner allmählich. Mit dem „Badischen Judenedikt“ von 1809 bekamen sie staatsbürgerliche Rechte zugesprochen und konnten zahlreiche Berufe ergreifen, die ihnen bis dahin verwehrt worden waren. Dennoch dauerte es bis 1862, ehe Personen jüdischen Glaubens in Baden vollständig ihren christlichen Nachbarn gleichgestellt waren.

Ab 1800 hatte sich die Jüdische Gemeinde lange vergeblich bemüht, eine eigene Synagoge einzurichten. Erst 1864 konnte ein erster Betsaal bezogen werden, der in den kommenden Jahrzehnten jedoch zu klein wurde. Trotz positiv verlaufender Verhandlungen mit den großherzoglichen Behörden fehlten letztendlich die finanziellen Mittel für einen Neubau. 1898 bekam die Gemeinde, die aus rund 100 Personen bestand, einen Raum im nördlichen Zirkelbau der ehemaligen kurfürstlichen Sommerresidenz zugesprochen.

Längerfristiges Provisorium

Hier sollte die Jüdische Gemeinde bleiben, bis eine neue Synagoge fertig gestellt sein würde. Doch es kam anders: Mit dem Bau wurde nie begonnen und das Provisorium wurde zur dauerhaften Bleibe.

Zwei Monate nach dem Besuch des Großherzogs erhielt die Jüdische Gemeinde im Juli 1901 die Aufforderung der Schlossverwaltung, für eine Jahresmiete von 200 Reichsmark in den ehemaligen „Militär-Vereins-Saal“, ebenfalls im nördlichen Zirkel, umzuziehen. Der Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 unterbrach das Mietverhältnis, da das Schloss als Lazarett genutzt wurde. Doch bereits 1917 konnte der als Synagoge genutzte Betsaal wieder bezogen werden. 1933 lebten noch 79 jüdische Personen in der Stadt. Repressalien, Ausgrenzung, Entrechtung und Deportation durch die nationalsozialistischen Machthaber setzten dem einst blühenden jüdischen Gemeindeleben ein Ende.

In Schwetzingen gab es also in der Schlossanlage für einige Jahrzehnte bis 1933 drei Kultstätten für die drei abrahamitischen Religionen: die christliche Schlosskirche, die muslimische Moschee im Schlosspark und eben die jüdische Synagoge.

Besuch vor Ort

Der Schwetzinger Schlossgarten ist zurzeit unter folgenden Bedingungen geöffnet: Die Buchung eines Zeitfensters erfolgt über den Link auf www.schloss-schwetzingen.de, wo es weitere Infos gibt, oder unter https://www.reservierung-schloss-schwetzingen.de/. Am Eingang müssen der QR-Code der Buchung mit Zeitfenster sowie ein negativer Corona-Test (höchstens 24 Stunden alt) eines Testzentrums oder eine Impfdokumentation (Impfpass oder Impfbescheinigung) über eine vollständige Impfung (vor mindestens 14 Tagen) oder über eine mittels PCR-Test bestätigte Infektion (nicht älter als sechs Monate) vorgezeigt werden.

Der badische Großherzog Friedrich I.
Der badische Großherzog Friedrich I.
x