Speyer Gesichter der Kulturszene: Kristina Merkle vom Zimmertheater

Kristina Merkle: Kassenverwalterin beim Zimmertheater.
Kristina Merkle: Kassenverwalterin beim Zimmertheater.

Mit den unter http://www.speyer.de/kulturgesichter und in Facebook vorgestellten Menschen aus der Kultur- und Veranstaltungsbranche beteiligt sich die Stadt an einer bundesweiten Initiative. Auf der Webseite gibt es die kompletten Interviews mit Kultur-Fachbereichsleiter Matthias Nowack. Die RHEINPFALZ stellt die Kulturgesichter seit Dezember ebenfalls vor.

Kristina Merkle ist Kassenverwalterin beim Zimmertheater Speyer und seit zwei Jahren in der Branche. Die erlebt die Krise als „ein emotionales Auf und Ab“. Nach dem ersten Schock des ersten Lockdowns habe das Team Alternativen überlegt, um weiter als Zimmertheater präsent zu bleiben. Dann der Hoffnungsschimmer: Wiederöffnung der Theater mit Auflagen, eine alternative Spielstätte in der Heiliggeistkirche. Die Motivation aller Beteiligten und Helfer sei groß gewesen und die Gäste hätten ein überaus positives Feedback gegeben. Im zweiten Lockdown mache sich bei allem Verständnis für Maßnahmen -Müdigkeit, Enttäuschung und eine gewisse Resignation breit. Es gebe derzeit keine Perspektive. Sie vermisst die Abende im Zimmertheater, vermisse den Kulturgenuss. Vor allem vermisse sie die Begegnungen mit den Menschen. Die Theaterleute nutzten die Zeit zur Vorbereitung der nächsten Eigenproduktion – sobald Kultureinrichtungen wieder öffnen können, gebe es die nächste Premiere.

Die Stadt Speyer habe dem Theater durch die Möglichkeit, in der Heiliggeistkirche zu spielen sowie mit finanzieller Hilfe aus dem Kultur.Support sehr unterstützt. Darüberhinaus sei die Einbindung bei den Streaming-Konzerten und den Open-Air-Konzerten im Paradiesgarten eine großartige Sache gewesen. Überwältigt habe die Unterstützung der Mitglieder und Gäste. „Ihre Spenden konnten wir an die Künstler*innen weitergeben. Außerdem haben wir einige neue Mitglieder im Verein.“

Viele Berufszweige vertreten

Die Hilfen für Solo-Selbstständige griffen nur sehr bedingt. Von den November- und Dezember-Hilfen seien bis Ende 2020 noch keine Mittel geflossen. „Das empfinde ich als ignorant gegenüber Menschen, die teilweise nicht wissen, wie sie ihre Miete bezahlen sollen.“

Vielen Menschen sei nicht klar, wie viele verschiedene Berufszweige in dieser Branche tätig und als Freiberufler direkt oder indirekt vom Lockdown betroffen seiend – ob Veranstaltungstechniker, Caterer, Fotografen, Journalisten und viele mehr. Ganz besonders bitter sei es, wenn bei der Diskussion um Unterstützung für Kulturschaffende darauf verwiesen werde, dass die Künstler es ja gewohnt seien, mit wenig auszukommen und sie sich das ja selbst gewählt hätten. Sie kenne Künstler, die sich (Aushilfs)jobs gesucht hätten, um einigermaßen über die Runden zu kommen und sie hat große Sorge, dass sich einige aus der Szene „verabschieden“ werden oder müssen.

Landschaft wird sich verändern

Die Kulturlandschaft werde sich definitiv verändern. Große Kulturevents werde es vermutlich noch längere Zeit nicht geben. Kleine Bühnen würden die Kosten mit den geringeren Einnahmen nicht kompensieren können. Und die finanzielle Situation aufgrund von wirtschaftlichen Krisen werde wohl bei einigen dazu führen, dass Kultur als „nice to have“ eher dem Rotstift zum Opfer fällt.

Das Zimmertheater will und werde auf jeden Fall mit allen ehrenamtlich und leidenschaftlich engagierten Helfern bald wieder die Bühne bieten für eine bunte Kunstszene, inspirierendes Theater und vielfältige Musik. Als unverbesserliche Optimistin hoffe sie darauf, dass die Situation der Kulturschaffenden und der Veranstaltungsbranche wieder mehr Wertschätzung in materieller und ideeller Sicht erfahre.

Lobby für die Kultur

Sie wünscht sich, dass die Kultur und die Kulturschaffenden eine Lobby haben, dass in der Politik passende Unterstützungsmöglichkeiten gefunden werden. Sie bin aber skeptisch, ob den Worten auch Taten folgen werden. Zu groß seien die wirtschaftlichen Probleme, die sich weiter verschärfen werden. „Und gerade deshalb halte ich es für immens wichtig mit Nachdruck einzufordern, dass insbesondere in schwierigen Zeiten die Kultur nicht „hinten runterfallen darf.“ Denn Kultur sei gesellschafts- und (über)lebensrelevant.

x