Speyer Geschichtsträchtiger Boden

Wer in Speyer in der Erde gräbt, stößt rasch auf Zeugnisse der Vergangenheit. Diese Erfahrung machen jetzt auch die Bauherren des Hess-Geländes. Wo demnächst schmucke Einzelhäuser stehen sollen, kam bei Baggerarbeiten der Rest der mittelalterlichen Stadtmauer zum Vorschein, die die Markus-Vorstadt umgeben hat.

Die Backsteinmauer zwischen dem einstigen Hammelturm und dem St.-Germans-Tor dürfte 150 Meter lang gewesen sein. Freigelegt wurden etwa 15 Meter der Ummauerung, von der sich ein weiteres Stück in einer Außenfront des „Hofschlösschens“ befindet, das saniert werden soll. Überprüfungen mit Sonden haben ergeben, dass die Mauer über den größten Teil der 150-Meter-Strecke entweder stark ausgebrochen und nur noch in Spuren oder gar nicht mehr existent ist. Grabungsleiter Helmut Stickl, der gestern gemeinsam mit dem Leiter der Außenstelle Speyer der Landesarchäologie Ulrich Himmelmann über die Ergebnisse der Untersuchungen vor Ort informierte, hält es für durchaus möglich, dass die Mauer den Bürgern schon frühzeitig als „Steinbruch“ gedient hat. Es sei aber auch denkbar, dass die nun fehlenden Mauerstücke im Zusammenhang mit dem Bau der Filzfabrik abgeräumt wurden. „Uns war klar, dass hier eine Mauer sein müsste“, sagte Helmut Stickl unter Verweis auch auf die Forschungen des Historikers Karl Rudolf Müller (siehe „Zur Sache“). Überrascht zeigte er sich ebenso wie Ulrich Himmelmann allenfalls davon, dass – wie weitere Bohrungen in den einzelnen Baufenstern zeigten – in der Nähe der Stadtmauer keine Bebauungsfragmente gefunden wurden. Und davon, dass sich von dem hier ehemals vorhandenen Rohrturm nichts entdecken ließ. Die Verwaltung habe mit Blick auf die historischen Gegebenheiten die Fläche vorsorglich als Grabungsschutzgebiet ausgewiesen, erläuterte Reiner Fischer vom Amt für Bauaufsicht und Denkmalpflege. Dennoch könnten dort die geplanten – wie berichtet – rund 30 Wohneinheiten gebaut werden. Die tief in der Erde liegende Stadtmauer zu erhalten und in die neue Wohnbebauung zu integrieren, würde unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen, so urteilen Archäologen wie Baufachleute. Man wird sie also abreißen, die Steine der Stadt für die Ausbesserung anderer historischer Mauern überlassen. Wichtig sei die von Bernd Fischer vorgenommene Dokumentierung. Ganz verschwinden muss die Mauer der Markus-Vorstadt allerdings nicht: Vorausgesetzt die Außenmauer des Schlösschens bleibt an dieser Stelle unverputzt, wird sie weiter an eine Epoche Speyerer Geschichte erinnern. (le)

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