Speyer Geschäftsleute erhalten ihr Anwesen zurück

Hugo Ernst Otto und Lilly Hirsch: Geschäftsinhaber in Speyer von 1926 bis 1936.
Hugo Ernst Otto und Lilly Hirsch: Geschäftsinhaber in Speyer von 1926 bis 1936.

Am 12. September werden zum fünften Mal Stolpersteine in Speyer verlegt. Sie sollen Andenken an 20 Bürger aus sechs Familien sein, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Sie lebten einst in den Häusern, vor die die Steine kommen. Die Idee zu dem dezentralen Mahnmal hatte Künstler Gunter Demnig, die Biografien der Opfer hat die Speyerer Stolperstein-Initiative recherchiert. Die RHEINPFALZ gibt ihre Ergebnisse zur Familie Hirsch wieder.

Der Kaufmann Hermann Hirsch (1875 bis 1926) und seine Frau Sophie Durlacher (1875 bis 1943) erwerben Anfang 1906 in der Maximilianstraße 31 das „Wohnhaus mit Wirtschaftsräumen […], Hinterhaus mit Treppenhaus und Hofraum“. Das damals bereits 200 Jahre alte Anwesen gehörte zu Speyers ältesten Wirtschaften. Seit etwa 1860 ist hier ein Caféhaus ansässig, auch die Hirschs führen zunächst ein „Café Zentral“. Erst um 1913 richten sie ein Fachgeschäft für Herren- und Knabenbekleidung ein.

Das Paar hat vier Kinder: Friedrich Josef (1897 bis 1917) fällt im Ersten Weltkrieg. Heinrich Wilhelm („Willi“, geboren 1898) zieht am 3. März 1921 nach Berlin. Mathilda („Thilde“, 1899 bis 1994) heiratet am 7. April 1921 Otto Thanhauser (1885 bis 1956), sie ziehen im Mai 1921 nach Konstanz, emigrieren später nach den USA. Das Ehepaar Thanhauser hat zwei Töchter: Inge (1922 bis 1955) heiratet 1941 Julius Bernheim (1895 bis 1970), Ellen (geboren 1926) heiratet den ebenfalls emigrierten Henry David Greif.

Flucht nach L.A.

Der jüngste Sohn, Hugo Ernst Otto (1901 bis 1953), wird 1926 Geschäftsnachfolger seines Vaters. Er kann am 15. September 1936 von Speyer nach Los Angeles, USA, fliehen, mit ihm seine Frau Lilly, geborene Kaufmann (1910 bis 2000), und die Töchter Marliese und Eveline, noch Kleinkinder. Die seit Juni 1926 verwitwete Mutter, Sophie Hirsch, war anderthalb Jahre zuvor nach Los Angeles emigriert.

Das arisierte Anwesen erwirbt am 29. August 1941 die Firma Geschwister Pfister OHG; 1950 erhält die kalifornische Erbengemeinschaft Hirsch (die Söhne Willi und Otto sowie ihre Schwester Thilde Thanhauser) das Anwesen nach einem Wiedergutmachungsurteil zurück. Als Otto Hirsch am 3. Februar 1953 in Los Angeles stirbt, geht sein Anteil an seine Witwe Lilly Hirsch. Sie heiratet später ein zweites Mal und stirbt am 15. August 2000. Ihre beiden Töchter sind mittlerweile ebenfalls verstorben: Die 1932 geborene Marliese Behrstock, geborene Hirsch, die ihre Geburtsstadt Speyer noch 2012 besuchte, stirbt am 15. Juni 2015, ihre 1935 geborene Schwester Eve Kessler am 21. April 2009. Am 4. November 2015 besucht der Amerikaner Jerry Greif die einstige Heimatstadt seiner Urgroßeltern Hermann und Sophie Hirsch.

Wechselvolle Gebäudegeschichte

Das Anwesen Maximilianstraße 31 war 1954 an „Die Kaufstätte GmbH“ verkauft worden. 1983 übernimmt ein Hockenheimer Ehepaar das Anwesen und betreibt hier bis 1987 das Kaufhaus Baumann. 1987 eröffnet die Speyerer Metzgerei Biesinger hier unter dem Namen „Markt 31“ eine Geschäftszone mit einzelnen Geschäften im Lebensmittelbereich. „Markt 31“ schließt 1999 seine Pforten, um einer Optikerfiliale zu weichen.

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