Speyer Freistoss :

Morgens in der Redaktion der Speyerer RHEINPFALZ in der Heydenreichstraße. Eine erste E-Mail eines Lesers ist auch schon da: Er war beim Fußballspiel FC Speyer gegen FV Dudenhofen, bedankt sich, dass nach dem Abendmatch am nächsten Morgen schon der Bericht in der Zeitung stand, vermisst in der Speyerer Lokalausgabe aber die Torschützen und die Zuschauerzahl zum Kick, die angeblich über 1000 gelegen haben soll. Er fragt nach dem Warum und schließt damit, gespannt auf die Antwort zu sein. Genau dieses Wörtchen gespannt nervt den zuständigen Redakteur etwas. Hat der Leser wirklich Interesse oder ist’s so ein gespannt nach dem Motto, eure Antwort taugt eh nix wie vielleicht der Torwart am Abend zuvor? Entsprechend nüchtern fällt die Antwort per E-Mail aus: „Torschützen und Zuschauer wurden wie immer veröffentlicht.“ Hä? Wie das? Dank der Kontaktdaten in der E-Mail hat der Kunde nun diese ... und ruft bei uns an. Des Rätsels Lösung: Der Mann hat nur den Bericht im Lo-kalteil gelesen. Der ist die Ergänzung zum überregionalen Sportteil, in dem selbstverständlich Torschützen, Gelbe Karten, Zuschauer und Schiedsrichter stehen. Er hat ihn halt nicht gleich gefunden. Es entwickelt sich eine nette Unterhaltung zwischen dem überhaupt nicht nörgelnden Kunden und dem Redakteur. Er findet unsere Berichterstattung zu 90 Prozent gut, bewundert die Aktualität, nur: Wir verwechseln immer Lokführer und Zugführer. Lokführer sei der vorne, Zugführer der hinten mit den roten Streifen, der aufzupassen hat, dass die Türen zu sind. Unser Kunde muss es wissen. Er arbeitet bei der Bahn. Die beiden kommen ins Gespräch. Der Kunde kommt aus Mönchengladbach und ist Fan der Borussia. Er wundert sich, dass der Speyerer Redakteur nicht dem 1. FC Kaiserslautern den Daumen drückt, sondern Bayern München. Der meint sich zu erinnern, in frühester Kindheit es mit den Borussen gehalten zu haben, mal Berti Vogts angehimmelt zu haben. Ach ja, teilt er dem Borussen noch mit: Ein Talent aus Schwegenheim habe sich gerade den Gladbacher Bundesliga-A-Junioren angeschlossen: Tilmann Jahn. Der Gladbach-Sympathisant staunt, will sich mal um Jahn kümmern, da er durchaus auch die Junioren und die zweite Mannschaft seiner Lieblinge verfolgt. Der Talk endet. Doch der Gladbach-Fan, meldet sich noch mal per Mail, dankt für das nette Gespräch, auch wenn’s mit nem Bayern-Fan war. Er findet Borusse Tillmann Jahn auf einem Mannschaftsbild („scheint ziemlich groß zu sein“) und recherchiert, dass er mal in Schifferstadt gespielt hat, seinem eigenen Wohnort: „Wie gesagt, der Name kam mir bekannt vor.“ Und Gladbach-Profi Lars Stindl sei ja auch in Speyer geboren. Der Mailkrieg läuft. Es geht um die Vergangenheit Stindls und dessen Besuche auf dem Weihnachtsmarkt in unserer Stadt, nur den Artikel mit den Torschützen und Zuschauern hat unser Leser immer noch nicht gefunden. Wir senden ihm eine Kopie der Zeitungsseite, die auch die Verbandsligatabelle enthält, sagen kess angesichts der rheinischen Rivalität: „Ihre Freunde von Fortuna Düsseldorf sind auch auf der Seite.“ Das war dann doch zu viel der Ironie für unseren „Mönch“. „Bin doch Gladbacher“, kommt es zurück. Auch das wird aufgeklärt, und unser Gladbacher entpuppt sich als aufgeklärter Fan, keiner der nach eigener Aussage die „Bekloppten aus Köln und Düsseldorf“ nicht mögen darf. Wir befinden uns heute beim Spiel FC Speyer gegen SG Rieschweiler in der Verbandsliga. Wir merken, dass nur wenige Zuschauer Lust haben auf die Fernseh-Konferenz des zweiten Bundesliga-Spieltages zu verzichten. Dementsprechend finden nicht allzu viele Zuschauer den Weg in den Sportpark. Zudem ist es eigentlich viel zu heiß für ein Fußballspiel. Aber wann ist es schon zu heiß für ein Fußballspiel? Ein Junge läuft an der Bande vorbei, trägt ein T-Shirt eines amerikanischen Sportartikelherstellers, auf dem steht: You only need one ball. Für alle, die mit der englischen Sprache nicht ganz so vertraut sind, übersetzt heißt das: Du brauchst nur einen Ball. Also: Es ist nie zu heiß für ein Fußballspiel. Zurück zur Bundesliga: Eigentlich wollte der Schreiber dieser Zeilen Bundesligaergebnisse per SMS zugesendet bekommen. Stattdessen kriegt er das Ergebnis des Landesliga-Kicks der D-Jugend von Ganerb (Jugend-Zusammenschluss Hanhofen, Dudenhofen, Harthausen) gegen FSV Schifferstadt: „Traumtor, 3:0“ – ebenso ein paar Minuten später das Ergebnis von TuS Mechtersheim, das gerade gegen FK Pirmasens II spielt. „3 mal Veth Schneider Barisic fertig.“ Das ist doch schon hochklassiger, nichts gegen die Landesligisten aus der D-Jugend. Zurück nach Speyer, auch hier keine Spur von Bundesliga Ergebnissen. In der Halbzeit des Matchs halten Speyerer Auswechselspieler einen Smalltalk mit den Verletzten um Kevin Sigl, womöglich über die Ergebnisse aus Leverkusen, Darmstadt und Wolfsburg? Eine Frau reibt sich Sonnencreme auf die Haut. Ein Ordner, gekennzeichnet mit einem gelben Leibchen, bringt den Getränkevorrat auf Vordermann, indem er einen Kasten Bier zum Ausschank schleppt. Trainer Ralf Gimmy coacht heute im Gegensatz zu anderen Spielen fast nur im Sitzen. Die zweite Trinkpause organisiert er selbst, weist den Schiedsrichter darauf hin, dass man nun einmal Pause machen könne. Anschließend trifft ein Kicker einen Sonnenschirm. Der Linienrichter trägt eine modische Sonnenbrille. Rieschweilers Mitgereiste sprechen in ihrem netten Dialekt über die Schiedsrichterleistung. Zitate aus dem Gespräch kommen eher aus der unteren Schublade, die wir uns nicht unbedingt zu Ohren führen brauchen. Da kommt das erste Ergebnis aus einem Bundesligastadion. Leverkusen 3:1 Hamburg. Eine gute Verbindung wünscht die Sportredaktion |mer