Speyer Erinnerung an Unglücksflug

Sein Flugzeug stürzte auf Maxdorf, er überlebte: Pilot Rod Kallman hat am Mittwoch den Ort besucht, wo der Zusammenstoß zweier F-16 Kampfflugzeuge vor fast 25 Jahren zur Katastrophe hätte werden können. „The Miracle of Maxdorf“, das Wunder von Maxdorf, nennt Kallman die Tatsache, dass kein Bürger verletzt wurde. Sein Freund Steve „Sunny“ Sundstrom in der zweiten Maschine starb bei dem Unfall.

Kallman erinnert sich noch genau an den 18. Dezember 1989. Ein diesiger Wintertag sei es gewesen. Die US-Luftwaffe hatte für diesen Tag eine Übung angesetzt. Major Kallman und First Lieutenant Sundstrom sollten mit zwei F-16 vom Stützpunkt Hahn im Hunsrück starten und über der Pfalz eine F-15 aus Bitburg abfangen. Es war Nachmittag, kurz vor 16 Uhr. Eigentlich flogen die beiden Jäger in einer Formation und der zweite Pilot hielt ständig Sichtkontakt zum Führer. Doch beim simulierten Angriff hörte Kallman „I am blind“, von seinem Begleiter, den Funkspruch, der das Verlieren des Sichtkontakts zum Kollegen meldet. Kallman berichtet, er habe dann Anweisung gegeben, die Position wieder einzunehmen, während er selbst eine Kurve flog. „In einer perfekten Welt hätten wir uns abgesprochen, wer in Schussposition kommt“, sagt der Pilot. Doch das funktionierte nicht. Er habe angenommen, Sundstrom sei weiter entfernt. Der wiederum habe ihn nicht sehen können, erklärt Kallman, denn unterhalb der Nase der F-16 gebe es einen toten Winkel. Die beiden Flugzeuge rasten frontal aufeinander zu. „Es gab einen Schlag und ich war in einem Feuerball, dann zog ich den Hebel des Schleudersitzes“, erinnert sich der Pilot. Die beiden Flugzeuge hatten sich jeweils mit den Ansätzen der Flügel getroffen. So erklärt sich auch, dass Augenzeugen von einer „halben F-16“ sprachen, die vom Himmel fiel. Während ihn der Sitz aus der Maschine katapultierte, hatte Kallman schon seinen Tod erwartet. „Ich wusste nicht, ob ich meine Beine noch hatte und war eigentlich sicher, dass ich gleich verbluten werde.“ Er habe sich nicht getraut, nach unten zu sehen. Am Fallschirm hängend, habe er dann den Himmel nach Sundstrom abgesucht. „Ich war sehr beunruhigt, als ich seinen Schirm nicht fand“, sagt Kallmann, sein zweiter Gedanke galt dem Dorf unter ihm. „Ich sah ein brennendes Triebwerk herabstürzen und befürchtete das Schlimmste.“ Kallman landete leicht verletzt in der Nähe des Silbersees. Der Fallschirm von Sundstrom öffnete sich nicht, er starb auf einem Feld an der Oggersheimer Straße. Trümmerteile fielen im Norden Maxdorfs herab. Eine Tragfläche schlug in einer Halle des Großmarktes ein, wo zehn Frauen gerade Grünkohl putzten. Feuer brach aus. Übungsmunition explodierte vor der Halle. „Mein Haus brennt“, hörte Werner Baumann seine Mutter am Telefon sagen. „Ich wollte gerade in Ludwigshafen Feierabend machen, als mich der Anruf erreichte“, erinnert sich der heutige Bürgermeister. Sein zweijähriger Sohn war gerade im Haus der Oma. Während Baumann nach Hause eilte, rasten Feuerwehren mit Blaulicht an ihm vorbei, Hubschrauber donnerten über den Ort. Die Situation war noch völlig unklar: „Wir wussten nicht, ob es scharfe Munition gibt, wo es überall brennt, wo Treibstoff austritt“, erinnert er sich. An 200 Stellen wird man Trümmerteile finden. Nachdenklich betrachtet Kallman das Mahnmal an der Ecke Heideweg, Kurfürstenstraße. „Es zeigt sehr gut, wie es war, mein Kompliment an den Künstler“, sagt er. „Sagen Sie den Maxdorfern, dass mir der Unfall schrecklich leid tut und dass ich sehr froh bin, dass niemand verletzt wurde“, sagt er zur RHEINPFALZ. Zugleich erinnert er an seinen toten Kameraden. „Sunny war ein hervorragender Pilot und ein lieber Kerl. Im Job war er absolut zuverlässig und in der Freizeit konnte man mit ihm viel Spaß haben.“ Der damals 29-Jährige war gerade Vater geworden, sagt Kallman. Er schlägt vor, mit einer kleinen Tafel an den Getöteten zu erinnern. Bürgermeister Baumann, sowie Hans-Josef Wolf und Ferdinand Fiedler vom Maxdorfer Verein für Geschichte und Kultur besuchten mit dem Piloten das Mahnmal. „Ich habe Respekt davor, wie er mit dem Unglück umgeht und dass er hierher gekommen ist“, sagt Baumann. Kallman setzte seinen Dienst bei der Luftwaffe fort und wurde Staffelführer. Dort versuchte er, Lehren aus dem Maxdorfer Unglück zu ziehen: Es gebe immer wieder brenzlige Situationen, über die Piloten nicht sprechen. Kallman änderte das: „Ich habe meinen Piloten erklärt, dass wir jede dieser Situationen gemeinsam besprechen, um daraus zu lernen“.

x