Speyer Ein Hochschullehrer im Konzertsaal

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Dass Akademiker nicht zwangsläufig im sprichwörtlichen Elfenbeinturm sitzen müssen – dafür ist Kurt Witterstätter das lebende Beispiel. Seit 1969 arbeitet der gebürtige Pirmasenser für die RHEINPFALZ. Kenntnisreich schreibt er vor allem über klassische Musik und findet dafür in Speyer ein weites Betätigungsfeld.

Witterstätter studierte Sozialwirtschaft, Musikwissenschaft und Religionspädagogik in Freiburg, Göttingen und Münster. Bis zu seiner Emeritierung 2004 lehrte er an der Fachhochschule Ludwigshafen. Danach baute er dort den ersten Master-Studiengang Sozialgerontologie auf. Ein Hochschullehrer als Musikkritiker? Der 77-Jährige erzählt, wie es dazu kam: „Ich überschlug bei den Fahrten von meinem Eltern-Wohnort Kehl zu meinem damaligen Studienort Göttingen 1963 in Frankfurt einfach einen Zug und lief zur F.A.Z. in der Hellerhofstraße.“ Dort sei er beim leitenden Musikredakteur Friedrich Hommel problemlos vorgelassen worden („heute undenkbar“). Der habe in Witterstätters sozialwissenschaftlichem Schwerpunkt kein Hindernis gesehen, sondern darauf verwiesen, dass er selbst über die Naturwissenschaften zur Musik gekommen sei. Hommel setzte Witterstätter bei den Göttinger Händel-Festspielen, den Schwetzinger Festspielen und in Straßburg ein. Der junge Kulturjournalist absolvierte Ferienvolontariate bei den „Badischen Neuesten Nachrichten“ in Karlsruhe und das „richtige“ Volontariat – die Ausbildung zum Redakteur – 1966/67 bei der „Rheinischen Post“ in Düsseldorf. Im Laufe der Jahrzehnte schrieb der Pfälzer neben seiner Hochschullaufbahn für viele Zeitungen. „Ich musste in der Vor-Computer-Zeit in meine Schreibmaschine oft zwei- bis dreimal einspannen mit Kohlepapier für Durchschläge“, erinnert er sich. Seine musikwissenschaftlichen Kenntnisse aktualisierte er mit zertifizierten Funkkollegs „Musik“ und „Musikgeschichte“ 1978 und 1988. „Dass man das alles neben der Professur durfte und konnte, war nicht nachteilig“, unterstreicht Witterstätter rückblickend. Im rheinland-pfälzischen Kultusministerium habe es geheißen: Das ist sogar erwünscht, dass die Fachhochschulprofessoren sich auch die Praxis um die Nase wehen lassen. Einen angenehmen Nebeneffekt hatte es zudem: „In den technischen und ökonomischen Fachbereichen haben die Kollegen und Kolleginnen sogar das Mehrfache ihres Gehaltes nebenher verdient.“ Mit seiner Ehefrau lebt der zweifache Vater und Opa einer Enkeltochter in Speyer und den Sommer über im südfranzösischen Port Camargue. Seit zehn Jahren verbindet Witterstätter zudem seine haupt- und nebenberuflichen Erfahrungen auf besondere Weise: Als Schriftleiter beim Evangelischen Seniorenwerk Stuttgart ist er verantwortlicher Redakteur der fünfmal pro Jahr erscheinenden Fachzeitschrift „Bausteine Altenarbeit“. Die Serie Ob Kammerkonzert, Ausstellung oder Theaterpremiere: Ohne die engagierten Mitarbeiter der Lokalredaktion Speyer wäre die Seite „Kultur regional“ nicht möglich. Diese Serie stellt einige der RHEINPFALZ-Journalisten vor, die regelmäßig über lokale Kulturereignisse schreiben.

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