Speyer Ehepaar Schiff: Vom Judenhaus in die Haft

Briefkopf: Kleiderfabrik Schiff aus dem Jahr 1935.
Briefkopf: Kleiderfabrik Schiff aus dem Jahr 1935.

Am 12. September werden zum fünften Mal Stolpersteine in Speyer verlegt. Sie sollen Andenken an 20 Bürger aus sechs Familien sein, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Sie lebten einst in den Häusern, vor die die Steine kommen. Die Idee zu dem dezentralen Mahnmal hatte Künstler Gunter Demnig, die Biografien der Opfer hat die Speyerer Stolperstein-Initiative recherchiert. Die RHEINPFALZ gibt ihre Ergebnisse zur Familie Schiff wieder.

Wilhelm Schiff wird am 14. Dezember 1875 als drittes Kind des Textilkaufmanns Moses Schiff und seiner Frau Mathilde in der oberhessischen Kleinstadt Gladenbach geboren. Am 11. August 1911 heiratet er Mathilda Feuerstein. Sie ist die Tochter eines Viehhändlers aus dem unterfränkischen Großheubach. Das Paar siedelt nach der Hochzeit nach Speyer über, wo am 12. Juli 1912 das einzige Kind Ilse geboren wird. Die Familie wohnt im Haus Mühlturmstraße 26 (früher Nr. 5). Wilhelm Schiff betreibt zusammen mit seinem jüngeren Bruder Jakob auf dem angrenzenden Grundstück in der Oberen Langgasse 5a die „Brüder Schiff Kleider-Fabrik“. Nach dem Tod seines Bruders ändert der Inhaber die Firmenbezeichnung in „Wilhelm Schiff Kleider-Fabrik“.

Tod in Gurs und Auschwitz

Das Wohnhaus wird am 11. Januar 1939 unter Zwang an die Saarpfälzische Vermögensverwertungsgesellschaft veräußert, die es an Privatbesitzer weiterverkauft. Am 8. August 1939 zwingt man die Familie, in das sogenannte Judenhaus in der Herdstraße 3 umzuziehen, in dem bereits zwei weitere Familien untergebracht sind. Wilhelm und Mathilde Schiff werden am 22. Oktober 1940 ins französische Lager Gurs deportiert. Wilhelm stirbt dort mit 65 Jahren am 12. Januar 1941. Mathilde transportiert man im August 1942 über das Lager Drancy nach Auschwitz, wo sie am 31. August 1942 ermordet wird. Das Mobiliar der Familie wird am 21. Februar 1941 öffentlich versteigert.

Tochter Ilse gelingt am 10. August 1940 die Emigration in die USA. Sie heiratet im November 1947 Carl Katz (1908 bis 1984) und lebt mit ihm in New York. Nach einer Restitutionsklage in den 1950er Jahren dürfen die neuen Eigentümer die Immobilie behalten und zahlen an die Erbin Ilse lediglich einen relativ geringen Ausgleich. Sie verstirbt 2003 mit 91 Jahren verwitwet und kinderlos.

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