Speyer Die Wiege der Woogbachsiedlung

Sonnige Siedlung: Um mehr Sonnenlicht einfallen zu lassen, haben die Straßen eine Nord-Süd-Ausrichutng.
Sonnige Siedlung: Um mehr Sonnenlicht einfallen zu lassen, haben die Straßen eine Nord-Süd-Ausrichutng.

Wohnungen statt Pflaumen. Auf dem ursprünglichen „Quetschenfeld“ errichtet die Gemeinnützige Baugenossenschaft bis 1930 eine neue Siedlung südlich des Woogbachs. Noch heute gehört sie mit dem Burgfeld zu den beliebtesten Quartieren der Speyerer.

Ein Dach über dem Kopf war Ende der 1920er-Jahre wichtiger als Pflaumen zu ernten. Auf dem ursprünglichen „Quetschenfeld“ hat die Gemeinnützige Baugenossenschaft (GBS) zwischen 1927 und 1930 die Siedlung südlich des Woogbachs erbaut. Für die GBS-Vorstände Oliver Pastor (kaufmännisch) und Bernd Reif (technisch) nur zu verständlich. Eine Siedlung mit Gärten vor und hinter den Häusern, eingeschlossen von einem Torbogen zur Friedrich-Ebert-Straße, gebe Geborgenheit und Heimat. Vor allem Arbeiterfamilien haben sich wegen Fabrik-Ansiedlungen wie etwa der Baumwoll-Spinnerei und Rüstungsbetrieben vor und während des Ersten Weltkriegs in Speyer niedergelassen.

„Sehnsucht nach Identifikation“

Auf 7860 Quadratmeter Fläche sind nach Angaben der GBS Stück für Stück 40 Wohnungen, 71 Einfamilienhäuser und zwei Gewerbeeinheiten entstanden. Durchschnittlich 70 Quadratmeter Wohnfläche standen und stehen jedem Mieter zur Verfügung, aber gerade anfangs haben Familien in Kleinstwohnungen zusammengelebt. „Wo jetzt maximal drei Personen wohnen, waren es früher mindestens fünf“, vergleicht Reif die Bedürfnisse der heutigen Baugenossen mit denen in den Anfangsjahren. Im Garten wurde Gemüse und Obst angebaut, kleines Nutzvieh stand im Stall hinter dem Haus. Heute ist darin das Gäste-WC untergebracht.

„Der Torbogen hat eine abgeschlossene Einheit geschaffen“, betont er ein wichtiges Detail, das auch in unserer Zeit nicht an Attraktivität verloren hat. Die frühen Baugenossen haben mit ihrer Bauweise in der Siedlung am Woogbach die Sehnsucht nach Identifikation mit der eigenen Wohnung und ihrem Umfeld erfüllt und gleichzeitig das Gemeinschaftsgefühl gefördert. „Einfach, aber mit baulicher für menschliche Qualität“, beschreibt er die durchdachte Bauweise. „Das war damals das Kontrastprogramm zu den Mietskasernen der Großstädte.“

Bereits in der Siedlung am Woogbach hätten die Baugenossen Wert auf besondere Architektur gelegt, betont Pastor. Zunächst seien Doppel- und Reihenhäuser, gedeckt mit Walm- und Krüppelwalmdächern in der Eugen-Jäger-Straße entstanden, unmittelbar danach in der Friedrich-Ebert-Straße.

„Schade, dass heute das Auto dominiert“

In den Jahren 1929 und 1930 seien ein- und zweigeschossige Häuser in der Christian-Dathan- und Lina-Sommer-Straße hinzugekommen. Das Gebiet sei als Mustersiedlung mit Gärten für Bewohner mit kleinem Geldbeutel anerkannt worden und genieße nach wie vor Ensembleschutz, betont Reif. Die Straßen sind nach Nord-Süd ausgerichtet, um möglichst viel Sonne in die Wohnsiedlung einfallen zu lassen. „Schade, dass heute das Auto dominiert“, meint Pastor. Zahlreiche Bäume im Quartier hätten deshalb Parkstreifen weichen müssen.

In den Erhalt der Siedlung am Woogbach investiert die GBS regelmäßig. Bei jedem Mieterwechsel werde die jeweilige Wohnung komplett saniert. „Das ist es uns wert, den historischen Charakter zu bewahren und die Zukunft nicht aus den Augen zu verlieren “, sagt der kaufmännische Leiter. Derzeit stehe in Abstimmung mit der Denkmalbehörde neue Farbe für die Fassaden an, einheitliche Haustüren in der Friedrich-Ebert- und Eugen-Jäger-Straße sollen das Erscheinungsbild der Siedlung am Woogbach künftig weiter verbessern, berichtet Reif. Sie sollen noch in diesem Jahr realisiert werden.

GBS-Geschäftsführer: Bernd Reif (links) und Oliver Pastor.
GBS-Geschäftsführer: Bernd Reif (links) und Oliver Pastor.
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