Speyer Cantate Domino in der Krypta des Doms

In der kerzenbeleuchteten Krypta des Doms: Daniel Schreiber, Terry Wey, Matthias Horn, Franz Vitzthum und Sebastian Hübner singe
In der kerzenbeleuchteten Krypta des Doms: Daniel Schreiber, Terry Wey, Matthias Horn, Franz Vitzthum und Sebastian Hübner singen Musik zur Karwoche aus der Zeit der Renaissance, vor allem Vertonungen der Lamentationen des Jeremiah.

In der Reihe Cantate Domino sang ein exzellentes Vokalquintett aus bekannten Sängern in der Krypta des Doms Gregorianik und mehrstimmige Gesänge der Renaissance für die Karwoche.

Wenige Stunden nach der Aufnahme des Speyerer Doms in die Via Habsburg – siehe RHEINPFALZ vom 7. März – gab es in der Krypta der Kathedrale bei einem ganz unabhängig davon konzipierten Programm in der Reihe Cantate Domino doch auch ein paar habsburgische Bezüge. Denn es erklangen unter anderem Werke von Thomas Crequillon und Orlando di Lasso. Ersterer hatte Verbindungen zum Hof Kaiser Karl V., der andere wurde von dessen Neffe Kaiser Maximilian II. geadelt. Sehr passend für ein Konzert in der Passionszeit aber war das eigentliche Thema des Vokalkonzerts „Lamentatio“. Es ging also um Klagelieder – und es erklangen neben gregorianischen Chorälen mehrstimmige Gesangsstücke der Renaissance, vor allem Vertonungen der Lamentationen des Propheten Jeremiah.

Das Vokalquintett mit Franz Vitzthum, Cantus, Terry Wey, Altus und auch Tenor, Sebastian Hübner und Daniel Schreiber, Tenor, sowie Matthias Horn, Bass, singt erst seit Kurzem in dieser Besetzung zusammen. Doch jeder der fünf Sänger hat mit Speyer und der Dommusik zum Teil sehr enge Verbindungen. Alle Fünf sind Meister ihres Faches und mit der Renaissancemusik bestens vertraut.

Meister aus ganz Europa

Entsprechend eindrucksvoll und überzeugend war der Vortrag. Wenn diese Musik von Top-Profis solistisch gesungen wird, hat das eine ganz eigene Qualität und gibt dem mehrstimmigen Satz natürlich besondere Klarheit und Transparenz. Und es erlaubt ein flexibles Eingehen auf den Charakter der Musik.

Und es waren ja gerade die Unterschiede in der Vertonung der Texte des Jeremiah von englischen, spanischen und franko-flämischen Meistern des 16. Jahrhunderts, die dem knapp 70-minütigen Programm seine besondere Spannung gaben.

England bot den Rahmen. Zu Beginn erklang „The Lamentations of Jeremiah I“ von Thomas Tallis, eine kunstvolle, zugleich eminent klangbetonte Musik, die von dem Quintett gleichsam schwebend gesungen wurde. Das letzte Stück des Programms war dann „Ne irascaris Domine“ von Tallis’ berühmtem Schüler William Byrd: Ein faszinierend dichtes Geflecht von fünf Stimmen, das bei aller Satzkunst sehr intensiv und leidenschaftlich ist. Hier gelang den fünf Sängern ein von großer innerer Dynamik geprägter Vortrag. Gerade auch bei den beiden Stücken von Orlando di Lasso gestaltete das Ensemble die Werke sehr ausdrucksvoll und sehr beredt in der Textauslegung.

Im spanischen Ton

Einen eigenen Ton in der Tonkunst dieser Zeit hat neben der englischen Musik auch die spanische. Neben Palestrina ist das Werk von Tomás Luis de Victoria stilbildend für die klassische Vokalpolyphonie geworden. Doch es hat auch eine sinnliche Komponente. Diese wurde überzeugend zur Wirkung gebracht. Auch bei Super Lamentationes Hieremiae Prophetae von Christóbal de Morales.

Dass die Krypta ein nicht nur atmosphärisch, sondern auch klanglich sehr passender Ort für dieses Repertoire ist, versteht sich. Es wurde auch jetzt wieder erlebbar. Bei einigen Stücken sangen die bei einigen Stücken auch nur als Quartett agierenden Sänger nicht quasi frontal zum Publikum, sondern wie damals auch üblich um die Notenpulte herum. Auch das erfüllte den Raum.

Es gab auch schon einen Übergang zum Konzert am kommenden Samstag. In einer Motette von Tomás Luis de Victoria werde Verse aus dem zehnten Kapitel des Buchs Hiob vertont, beginnend mit Vers 1 „Mich ekelt mein Leben an“. In Bachs Kantate 170 beginnt die dritte Arie mit dem davon abgewandelten Text „Mich ekelt mehr zu leben“.

Zur Sache

Die Dommusik Speyer lädt beim dritten Konzert der Reihe Cantate Domino in der Fastenzeit am Samstag, 11. März, um 18 Uhr in die Krypta des Domes ein. Unter der Leitung von Domkantor Joachim Weller musizieren Matthias Lucht (Altus) und das Barockensemble „Musiche Varie“ die Kantaten „Widerstehe doch der Sünde“ BWV 54 und „Vergnügte Ruhe, beliebte Seelenlust“ BWV 170 von Johann Sebastian Bach. Das Konzert ist in der Krypta des Domes bei freiem Eintritt. Um eine Spende wird gebeten.

Im reichen Kantatenschaffen Bachs gibt es einige Werke, die nur für eine Solostimme und Orchester bestimmt sind. Die bei Cantate Domino erklingenden Werke markieren unterschiedliche Stationen im Kantatenschaffen von Bach. Während BWV 54 noch aus der Weimarer Zeit um 1714 stammt, gehört BWV 170 dem dritten Leipziger Kantaten-Jahrgang aus dem Jahr 1726 an. In „Vergnügte Ruh“ kommt der Orgel als Soloinstrument ein virtuoser Part zu, der für Bachs späte Jahre sehr charakteristisch ist.

Bei Cantate Domino am 19. März um 18 Uhr gibt es im Langhaus des Doms ebenfalls Musik von Bach: die Psalmvertonung „Tilge, Höchster, meine Sünden“ BWV 1083. Das ist aber nicht ganz hundertprozentiger Bach, sondern eine Bach’sche Bearbeitung des berühmten Stabat mater von Pergolesi. Es singt der Mädchenchor am Dom, der das Werk im Herbst auch bei einer Motette in der Leipziger Thomaskirche gesungen hat. Am vergangenen Sonntag war ein weiteres Gastspiel mit dem Stück: in der Kirche St. Bonifatius in Wiesbaden.

Altus Matthias Lucht: Er singt am Samstag Musik von Bach in der Krypta des Speyerer Doms.
Altus Matthias Lucht: Er singt am Samstag Musik von Bach in der Krypta des Speyerer Doms.
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