Speyer Bei Anruf Mutterglück

„Im Laufe des Tages wird im Diakonissenkrankenhaus ein Kind geboren – Ihr Kind.“ Mit diesem Anruf von Barbara Weiß, vor 13 Jahren bei der Stadt Speyer zuständig für Adoptionsvermittlung, sei das Glück eingekehrt, erzählt Marion Groß von ihrer jahrelangen, fast schon aufgegebenen Hoffnung auf ein Kind. „Von einer Stunde zur anderen sind wir Eltern geworden.“ Völlig überwältigt von dieser Vorstellung sei sie mit Ehemann Hagen in die Klinik gefahren. „Dass unser größter Wunsch wahr werden sollte, hat uns überfordert.“ Zeit habe es weder für praktische noch mentale Vorbereitungen gegeben. „Als wir ankamen, war unsere Tochter fünf Stunden alt“, schildert Marion Groß den unvergesslichen Moment, als die leibliche Mutter ihr das Neugeborene in die Arme gelegt habe. Der Abschied von ihrem Baby sei der Frau schwer gefallen, sagt sie. „Das war kaum auszuhalten.“ Deshalb gehörten Gedanken an Noas Herkunftsmutter auch zum Muttertag, erklärt Marion Groß. „Sie hat Noa das Leben geschenkt. Dafür sind wir ihr unendlich dankbar.“ Den Begriff „Adoptiveltern“ mag die 13-Jährige nicht. Sie unterscheidet zwischen ihrer Mama und ihrer Bauchmama. „Ich habe ihr einen Brief geschrieben und ihn in der Adoptionsstelle abgegeben“, erzählt das Mädchen. „Wenn sie ihn lesen will, kann sie ihn abholen.“ Ein Foto ihrer Bauchmama stehe „schon immer“ in ihrem Kinderzimmer. Heute ist Noa vollauf mit Muttertags-Vorbereitungen beschäftigt. „Dieses Jahr gibt es wie immer einen Kuchen und ausnahmsweise Geschenke zum Aussuchen“, berichtet sie von unterschiedlichen Angeboten, die heute Nachmittag in der Edith-Stein-Realschule für Mama bereit stehen. „Ich glaube, sie nimmt das Vogelhäuschen“, vermutet die Tochter. Immer wieder würden sie den langen und beschwerlichen Weg bis zur Adoption ihres Kindes beschreiten, sagt Marion Groß. „Für Noa würde ich überall hingehen.“ Zweieinhalb Jahre hätten sie gezittert - bis zu dem Tag als es endlich amtlich geworden sei: „Noa ist unser Kind, egal, was kommt. Daran ist nicht mehr zu rütteln.“ Ihre Mutter sei sie jedoch von der ersten Sekunde an gewesen, „mit jeder Faser meines Herzens“, betont sie. „Wir können nur alle kinderlosen Ehepaare ermutigen, diesen Weg zu gehen“, sagt Hagen Groß. „Es lohnt sich.“ Einmal jährlich besuchen Noas Eltern Fortbildungsveranstaltungen für Speyerer Pflege- und Adoptivfamilien. „Austausch und Ratschläge zu Alltagsproblemen geben uns viel“, weist Marion Groß auf kompetente Unterstützung hin. „Wir haben doch gar keine Probleme“, meint Noa. Sie jedenfalls habe keine mit ihrer Geschichte, die viele ihrer Freunde sogar „cool“ fänden. „Meine Eltern sind meine Eltern. Das ist so. Fertig“, fasst Noa die nicht ganz alltägliche Familienbildung zusammen und wendet sich ihrer acht Monate alten Labradorhündin zu, die ihr die Eltern geschenkt haben. „Ich bin das glücklichste Kind der Welt“, sagt sie im Brustton der Überzeugung.

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