Speyer Am Puls der Zeit

Stefan Bongard lebt in Speyer und lehrt an der Hochschule Ludwigshafen Betriebswirtschaftslehre und Logistik. Sein besonderes Interesse gilt der Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland. Beim Wohnort sind ihm Domstädte am liebsten.

Es kann nicht nur der Zufall gewesen sein, der den zweifachen Familienvater nach seinem erfolgreichen Vorstellungsgespräch an der Ludwigshafener Hochschule auf der Wohnungssuche nach Speyer geführt hat: „Ich bin damals planlos durch die Pfalz gefahren und Speyer mit seinem Dom hat mich sofort in seinen Bann gezogen“, erinnert sich Stefan Bongard. Kein Wunder, hat der Professor doch zuvor schon mit seiner Frau, die in Aachen aufgewachsen ist, in Fulda und Bamberg – ebenfalls alles Domstädte – gewohnt. Längst ist der Wissenschaftler in Speyer heimisch geworden. „Wir fühlen uns hier echt sauwohl und sind als Zugereiste toll aufgenommen worden“, betont er. Täglich pendelt er nach Ludwigshafen. Und genau daraus entstand sein derzeitiger Forschungsschwerpunkt. Als nämlich vor etwa drei Jahren ein Autokauf anstand, begann sich Bongard mit den verschiedenen Antriebsarten sowie dem Verbrauch zu beschäftigen. „Ich habe dann angefangen, diese Themen in meine Lehre einzubringen“, erzählt er. Als Professor für Betriebswirtschaftslehre und Logistik beschäftigt er sich neben Güterlogistik auch mit Personenlogistik, also der Frage, wie sich Menschen durch den Raum bewegen. Von daher passt die E-Mobilität gut in sein Fachgebiet, an dem es derzeit großes öffentliches Interesse gibt. Schließlich ist es erklärtes Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Millionen Elektroautos auf die Straße zu bringen. Nur ist das gar nicht so einfach, wie auch Bongards Studien zeigen. Nach seiner ersten Studie zur Elektromobilität Anfang 2014 hat er vor wenigen Wochen die zweite vorgelegt. Warum so kurz hintereinander? „Durch die schnelle Abfolge der Studien bin ich ganz nah am Puls der Zeit“, erklärt er. Denn es gehe um ein spannendes Forschungsfeld mit vielen Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen. „Nach wie vor ist das Interesse an Elektromobilität groß“, betont der Wissenschaftler, doch wirkten sich Kriterien wie die geringe Reichweite, fehlende Lademöglichkeiten und nicht zuletzt der hohe Preis negativ auf eine Kaufentscheidung der Verbraucher aus. Nicht zu vergessen der Benzinpreis. Dieser ist in den letzten Monaten extrem gesunken, was sich im Fall einer erneuten Studie in noch weniger potenzieller Kaufbereitschaft auswirken könnte. „Das Argument, das man mit einem Elektroauto Sprit spart, wird immer schwächer. Die Benzinpreisentwicklung ist ein schwerer Rückschlag für die Elektroleute“, sagt Bongard. Das merke man an seinen Ergebnissen: „Der kluge Verbraucher guckt sich das an und wartet.“ Andererseits sind irgendwann einmal die Erdöl-Vorräte verbraucht, was alternative Antriebsarten genau wie ökologische Aspekte wieder interessant machen. „Ein wunderbares Feld, um sich zu betätigen“, so der Speyerer. Und die Fragestellungen gehen ihm nicht aus: „Stellen Sie sich mal unsere Innenstädte nur mit Stromautos vor – wenn in 20 Jahren alles nur summt, was das für ein Wert ist“, schwärmt er. Ein Punkt, der momentan nicht gesehen werde, da sich die Diskussion nur um Feinstaub und Schadstoffausstoß drehe. Aber auch Lärm sei gesundheitsschädigend, weiß Bongard. Diese Vielschichtigkeit der E-Mobilität und enge Verknüpfung mit volkswirtschaftlichen über gesellschaftliche bis hin zu ökologischen Fragestellungen machen für Bongard den besonderen Reiz aus: „Da hat ein Logistiker Spaß dran“, sagt er, denn Logistik sei immer das Erkennen des gesamten Systems, nie nur ein Scheuklappendenken. Generell sei die Sympathie für die E-Mobilität in der Bevölkerung hoch, über 70 Prozent haben Interesse daran. Doch wurden im vergangenen Jahr lediglich 8522 Elektroautos neu zugelassen. „Ich bin zur Erkenntnis gekommen, dass das Thema erst durch intensive Ereignisse einen neuen Stellenwert bekommt“, fasst er seine Ergebnisse zusammen. Der Neuwagen ist dann seinerzeit übrigens doch kein E-Auto geworden und auch dem E-Bike steht der passionierte Radler ablehnend gegenüber: „Das finde ich unsportlich.“

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