Speyer Zum Hans statt zum Hänschen

Schülerzeitungsredakteure betrachten das eigene Angebot im Smartphone (von links): Meryem Ben Rhouma, Christian Schrenk, Noah Sa
Schülerzeitungsredakteure betrachten das eigene Angebot im Smartphone (von links): Meryem Ben Rhouma, Christian Schrenk, Noah Sawallisch, Marc Zeller und die betreuende Lehrerin Judith Strasser.

Es ist nicht so, dass alle politischen Themen die Schüler interessierten. Noah Sawallisch schüttelt den Kopf. Der 17-jährige Elftklässler ist Chefredakteur bei „News im Netz“ und einer der fleißigsten politischen Kolumnisten. „Diesmal ist vor allem die Europawahl hochinteressant“, betont er. Netzpolitik und Klimapolitik – das seien „genau die Themen, die die Jugend betreffen“. Die Europäische Union habe damit vor Kurzem mit ihrer Urheberrechtsreform eine Steilvorlage gegeben – und aus seiner Sicht die für die junge Generation falsche Entscheidung getroffen („versagt“). Den Klimaschutz hätten viele IGSler als Teil der „Fridays for Future“-Bewegung zu ihrer Sache gemacht. „Mehr Themen als sonst“ biete deshalb die aktuelle Wahl, betont Sawallisch. Für Jung-Journalisten, die für eine bestimmte Zielgruppe schreiben, ist das eine willkommene Gelegenheit. Mit Blick auf die Kommunalwahl werden Sawallisch, sein Stellvertreter Christian Schrenk (18), Marc Zeller (16) und Meryem Ben Rhouma (15) etwas ruhiger. Da seien die interessanten Themen und die unterschiedlichen Positionen der Parteien meist schwerer zu erkennen. Ihm gehe es etwa um Chancen zur freien Entfaltung Jugendlicher, so Sawallisch, um Klimapolitik vor Ort und um Wahlrecht ab 16 – wobei da schon wieder das Land und nicht der Stadtrat entscheidend sei. Der einzige Volljährige und am Sonntag schon Wahlberechtigte im Team ist der Hanhofener Schrenk, der die Fahrrad- und Bildungspolitik als weitere Interessenfelder nennt. Er hat sich genauer mit den Kandidaten befasst: „Ich schaue mir die Wahlwerbung an, ob ich die Kandidaten kenne und wofür sie stehen.“ Dazu achte er auf die Tipps von Eltern und Lehrern. Auch Zeller kennt sich sehr gut aus mit der Bewerberlage in seinem Heimatort Waldsee. Judith Strasser schaut stolz auf ihre Schützlinge. Die Musik-, Biologie- und Ethiklehrerin betreut seit fünf Jahren die Schülerzeitungsredaktion und ist hochzufrieden mit den acht bis zehn Stamm-Autoren. Mit ihnen kann sie ernsthaft und engagiert an einer Schülerzeitung moderner Art arbeiten. Mit Instagram, Twitter und Facebook wird auf die Website aufmerksam gemacht, Videos und viele interaktive Elemente sind eingebunden: Die Fünf- bis Dreizehntklässler der IGS können sich an Meinungsumfragen vor der Wahl zur Schülervertretung beteiligen und haben außerdem die Möglichkeit, Fragen für Interviews mit Politikern einzureichen. „Das war eigentlich der erste Schritt“, sagt Strasser. Mit diesen Interviews sei die Politik-Berichterstattung ausgebaut worden – „weit über das hinaus, was andere Online-Schülerzeitungen bieten“, wie Chefredakteur Sawallisch betont. Bei Ministerpräsidentin Malu Dreyer waren die Redakteure zum Gespräch in Mainz in der Staatskanzlei, Bundesministerin Julia Klöckner hat schriftlich geantwortet, ebenso Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz. „Mit ihm hätte sogar fast ein Skype-Termin geklappt“, sagt Sawallisch. Angela Merkel habe ab-, CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zugesagt. Das Interview mit ihr werde in Kürze online gestellt. Auch örtliche Politiker habe die Redaktion auf ihrer Liste, jedoch habe es bisher es aus verschiedenen Gründen noch nicht geklappt. „Da haben wir uns gesagt, gehen wir nicht zum Hänschen, gehen wir zum Hans“, sagt Strasser und schmunzelt. Die Nutzer seien interessiert an den politischen Beiträgen, sagen die Redakteure. „Wenn wir über das Schulfußballturnier berichten, spricht das bei Weitem nicht jeden an, die Politik hingegen betrifft so gut wie alle“, erklärt Zeller. Strasser sieht dabei Unterschiede, was die einzelnen Klassenstufen angeht: Ab der achten Klasse würden die Gesamtschüler richtig politisch. Fünftklässler hingegen interessierten sich eher für die von Ben Rhouma koordinierten Lehrer-Interviews. 200 bis 250 Nutzer sorgten im Monat für rund 2000 Klicks auf news-im-netz.de, sagt Sawallisch. Der Aufwärtstrend sei deutlich, da bestehe noch einiges an Potenzial. Vielleicht mit mehr Tieren, mit mehr Kriminalität, den Klick-Garanten fast aller Zeitungen? Auch dafür sind die Macher offen: „Als es einmal wegen einer angeblichen Kofferbombe Absperrungen rund um die Schule gab, haben unsere Berichte alle interessiert.“

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