Speyer „Wir sind Erhalter, nicht Zerstörer“

Frühere Celluloidfabrik: Heute ist es ein Gewerbepark.
Frühere Celluloidfabrik: Heute ist es ein Gewerbepark.

Der Grundbucheintrag fehle noch, deshalb habe VSI noch nicht von sich aus informiert, so Johann gestern. Er bestätigte jedoch auf Anfrage, dass das Grundstücksgeschäft, dessen Höhe er nicht beziffert, zum 1. Mai über die Bühne gegangen ist. 7,3 Hektar umfasst das Gelände, auf dem rund 180 Mieter überwiegend aus dem Kleingewerbe tätig sind. Er habe es 1999 kennen und lieben gelernt, so Johann, ein gebürtiger Dahner. Er lebt seit zehn Jahren in Speyer und ist als Investor unter anderem für das „Hofschlösschen“ am Hess-Park und die Ludwigstraße 13 bekannt geworden ist. Er wolle die Industriehof-Mieter halten und mehr Wohnungen schaffen, sagt er. Konkrete Pläne gebe es noch nicht. Generell gelte: „Wir sind Bewahrer und Erhalter, nicht Zerstörer.“ Johanns Äußerung bezieht sich darauf, dass es aus der Politik kritische Stimmen gab, als er nach seinem Einstieg 2016 verkündete, das gesamte Gelände kaufen und einen „neuen Stadtteil“ entstehen lassen zu wollen. Das dürfe nicht missverstanden werden, verdeutlicht er: „Es braucht keiner zu fürchten, dass dieser herrliche Komplex dem Bagger zum Opfer fällt.“ Es gehe ihm um den Erhalt und die Aufwertung besonderer Immobilien, dafür seien in dem Industriepark gerade die von 1897 bis zu den 1930er Jahren errichteten ältesten Gebäude prädestiniert. In den Nachkriegsjahren seien allerdings einige Gebäude geringer Qualität entstanden, die allenfalls noch als Baracken bezeichnet werden könnten. Hier könnte es Abrisse und Neubauten geben. Zwei der fünf Stämme der Erbengemeinschaft hatten ihre Anteile im Jahr 2016 an VSI verkauft, was die anderen eher skeptisch aufgenommen hatten (wir berichteten). In der Zwischenzeit hätten die Alten und die Neuen sich aber kennengelernt, Vertrauen gefasst und einen „feinen Umgang“ gepflegt, so Johann. Er sei stolz, dass die bisherigen Miteigentümer trotz anderer Angebote auf ihn gesetzt hätten. Nach seiner Einschätzung haben sie wegen des anstehenden sehr hohen Sanierungsaufwands, aber auch altersbedingt verkauft. Wenn sich ihre Anteile jeweils auf mehrere Erben aufgeteilt hätten, wären Entscheidungen über den Hof „immer schwieriger geworden“. Diese Entscheidungen kämen nun auf ihn und Mitgesellschafter Martin Koch zu. Dieser habe mit der Trierer „Quartiersmanufaktur“ reiche Erfahrungen mit Gewerbeimmobilien gesammelt. Jetzt wollten sie aber zuerst „die Mieter kennenlernen und auf die Leute zugehen“. Viele Infos fehlten ihm noch, er könne nichts Näheres sagen, als dass es ihm um eine „harmonische Entwicklung im Kontext der bestehenden Gebäude“ gehe, so Johann. Das Ensemble der vor 50 Jahren stillgelegten Celluloidfabrik könne so zu „etwas Einzigartigem in Deutschland werden“. Schnelle und allzu große Veränderungen der Gebäudestruktur werde es nicht geben. Verwalter bleibe Alexander Kolb. Per Pressemitteilung zum Besitzerwechsel zu Wort gemeldet hat sich gestern OB-Kandidatin Stefanie Seiler (SPD): „Eine massive Umgestaltung und völlige Nutzungsänderung von einem einmaligen Ensemble in Speyer zu hochpreisiger Wohnbebauung lehne ich ab.“

x