Speyer Wenn wir alle Engel wären

„Wir spielen mit den Fingerkuppen“: Corinna Schneider erklärt das Harfenspiel.
»Wir spielen mit den Fingerkuppen«: Corinna Schneider erklärt das Harfenspiel.

Mitte der 1980er-Jahre hatte Corinna Schneider die Harfe für sich entdeckt. Seit 2017 unterrichtet sie das Instrument an der Städtischen Musikschule in Speyer. Zum zweiten Mal lud sie jetzt zu einem Harfen-Workshop, um den Reiz des Saiteninstruments Anfängern und Neueinsteigern zu vermitteln. Acht Personen ließen sich auf das Experiment ein. „Beim ersten Mal waren es vier Teilnehmer, heute sind es acht“: Für die Dozentin ist das im Vorfeld mit einer Menge Arbeit verbunden gewesen. „Ich habe aus allen Ecken Harfen organisiert“, sagt sie den sechs Frauen und zwei Männern, die ihre Plätze an den vorbereiteten Instrumenten eingenommen haben. Nicht nur das: Schneider hat gut 250 Saiten gestimmt, bevor die Schüler ihre Finger daranlegen konnten. Vor der Praxis kommt die Theorie. Schneider erzählt über die Verschiedenfarbigkeit der Saiten zur besseren Orientierung, über die Entwicklung des Pedalsystems, sieben verschiedene Stammtöne, das komplizierte System im Harfenhals und das größte Drama, das einen Harfenisten ereilen kann: „Wenn man den Stimmschlüssel vergisst.“ Silvia Körner aus Dudenhofen interessiert das Gewicht des Instruments. Das mannshohe Objekt an der Seite Schneiders kommt auf 20 Kilo. „Konzertharfen haben an die 40 Kilo“, erklärt sie. Dagegen ist Körners Variante mit zwölf Kilo recht handlich. Eines ist den Anwesenden schnell klar: Eine Harfe bedeutet Aufwand, bis der erste Ton erklingt. Corinna Schneider aber macht Mut: „Wenn ich das Ergebnis höre, will ich mein Instrument nicht gegen eine Flöte tauschen – auch wenn ich ein bisschen mehr zu schleppen habe.“ Der erste Technikeinsatz steht an. Lektion eins: die Handhaltung: „Wir spielen mit den Fingerkuppen.“ In Irland, lernen alle, waren die Saiten früher aus Stahl und wurden mit den Nägeln gespielt. Parallel zu den Saiten werden die Hände ausgerichtet, Daumen nach oben. „Das ist die schwierigste Herausforderung am Anfang.“ Diese nehmen alle motiviert an. Schließlich erfüllen sich die meisten mit dem Workshop einen Traum. „Bei uns spielen alle ein Instrument, aber niemand Harfe“, berichtet Elisabeth Schlosser. Daher hat sich die Schifferstadterin mit Erfahrung in Blasinstrumenten zum Schnuppern entschlossen. Annerose Kaufmann betritt ganz neues Parkett. „Ich bin überhaupt nicht musikerfahren“, verrät sie. Erst zwei Tage zuvor hat sie sich noch für den Kurs angemeldet. Schneider ist zufrieden mit den ersten Fingerübungen der Debütanten. Der Daumen soll nun den Zeigefinger beim Zupfen „stempeln“, um den vollen Raumklang zu erzeugen. Britta Klaassen ist voll dabei. Die Bereitschaft, etwas Neues zu testen, hat sie in die Musikschule getrieben. Von vornherein klar ist ihr: „Ich werde das Instrument nicht lernen, aber ich bin neugierig geworden.“ In der Grundschule hat die Lehrerin bereits Harfen-Workshops in den Klassen erlebt. Silvia Körner ist hochkonzentriert bei der Arbeit. Zum ersten Mal hat die erfahrene Musikerin keine Tasten, sondern Saiten unter den Fingern. „Die Harfe ist ein anmutiges Instrument, das mich bei Konzerten immer fasziniert“, schwärmt sie. Corinna Schneider hat noch viel vor mit den Teilnehmern. Bis zum Nachmittag ist die Gruppe zusammen. Das Ziel: ein Irish Traditional zum Klingen bringen. Das ist harte Arbeit für die Finger, aber Harmonie für das Gehör.

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