Speyer Unterwegs zu den Erwachsenen

Viel los: Sasha sang in Speyer vor bis zu 10.000 Zuschauern.
Viel los: Sasha sang in Speyer vor bis zu 10.000 Zuschauern.

„Manche mögen’s rau“, lautete die Überschrift eines RHEINPFALZ-Berichts über das Konzert des Popsängers Sasha zum Auftakt des Rheinland-Pfalz-Tages am 19. Mai 2006 auf dem Gelände des Speyerer Technik-Museums. Der Hintergrund: Der damals 34 Jahre alte Teeniestar bastelte gerade an einer musikalischen Neuerfindung. Vor kurzem hat er eine weitere vollzogen.

Als Hintergrundsänger war Sascha Schmitz aus Soest bekannt und mit englischen Popsongs, dafür ohne den Buchstaben C im Vornamen sowie unter Verzicht auf den Familiennamen, berühmt geworden. Einen Karrierehöhepunkt hatte der Wahlhamburger erreicht, als er in die Rolle eines angeblichen kanadischen Rock’n’Roll-Stars schlüpfte und als dieser Dick Brave dem Rockabilly huldigte. Das Konzert in Speyer fiel in eine Karrierephase, nachdem Dick Brave sich vorerst wieder in die dichten Wälder Nordamerikas zurückgezogen hatte. Nun musste Sasha selbst wieder ran – und er enttäuschte das Publikum nicht: Trotz kühler Temperaturen war die Show unter freiem Himmel eine schweißtreibende Angelegenheit. Nach Angaben der Veranstalter wollten zwischen 8000 und 10.000 Menschen an diesem Freitagabend im Mai 2006 Sasha sehen – in Spitzenzeiten. Der Zusatz weist darauf hin, dass beim Konzept der Rheinland-Pfalz-Tage auch bei Konzerten immer Laufkundschaft dabei ist, es sich also nicht nur um eingefleischte Fans handelt, die vom ersten bis zum letzten Ton dabei bleiben. Zeitweise kursierte damals im Internet sogar die wahnwitzige Zahl von 50.000 Zuschauern. Doch wie die Veranstalter auf Nachfrage selbst einräumten, war da mit jemandem die Fantasie durchgegangen. Ob vor 8000 oder 50.000: Sasha ließ an diesem Abend keinen Zweifel daran, dass er gedachte, das Etikett „Teenager-Pop“, das seit Jahren an ihm pappte und mit dem er auch lange gut gefahren war, abzureißen. Distinguiert und distanziert kam er daher – mit Bart, dunklem Anzug und weißer Krawatte. Vor allem aber gaben der Sänger und seine Band sich alle Mühe, mit Stücken des seinerzeit aktuellen Albums „Open Water” eine zwar nicht eben tollkühne, aber zumindest mutige Weiterentwicklung hin zur Musik für Erwachsene zu unterstreichen. Wie die Erfahrung lehrt, ist das fast immer ein neuralgischer Punkt in einer Karriere. So gilt „Open Water“ aus heutiger Perspektive eher als Flop in Sashas Laufbahn. An diesem Freitagabend verpasste der Musiker ausnahmslos jedem seiner bis dahin veröffentlichten Erfolge ein rockigeres Arrangement. Da war auf einmal die klassische Kuschelnummer „If You Believe” im gleichen, leicht angerauten Stil zu hören wie der neue Song „Slowly”. Es war oft von beträchtlichem musikalischen Reiz, wenn etwa der nette Mitsing-Pop von „Rooftop” zum beinharten Rocker mutierte, wenn das Queen-Zitat „We Will Rock You” die Richtung für das folgende „Turn It Into Something Special” vorgab oder ausgerechnet der Reggae-Ohrwurm „I Feel Lonely” in der letzten Zugabe zur Feuerzeugballade umgekrempelt wurde. Am Ende zahlte sich die mutige Entscheidung aus, die Linie vor einem gemischten Publikum durchzuziehen, Mit Beharrlichkeit und Qualität gelang es Sasha und seinen Musikern an diesem Abend, die Zuschauer für sich einzunehmen. Seitdem war der gebürtige Westfale unter anderem Teil eines Swing-Quartetts und feierte mit seiner Kunstfigur Dick Brave ein Comeback. Im vergangenen Frühjahr erschien unter dem Titel „Schlüsselkind“ sein erstes Album mit deutschen Texten (wir berichteten ausführlich). „Der Wunsch, ein deutschsprachiges Album zu machen, kam immer wieder. Ich habe es aber nie wirklich durchgezogen“, erzählt der 46-Jährige Musiker. Motiviert hat ihn nach eigenen Angaben unter anderem der Erfolg seiner Kollegin Sarah Connor, die mit dem gleichen Konzept die Platte „Muttersprache“ produziert hatte. Mit alten und neuen Liedern geht Sasha im September und Oktober auf Deutschlandtournee, mit der er zugleich sein 20. Bühnenjubiläum feiern will. Sie umfasst allerdings nur acht Konzerttermine, weil zur gleichen Zeit seine Ehefrau Julia ihr erstes Kind erwartet. Kontakt —Jetzt sind Sie gefragt, liebe Leser: Waren Sie bei diesem Konzert dabei? Verbinden Sie eine Erinnerung mit Sasha? Und wer sollte Ihrer Meinung nach unbedingt einmal (oder vielleicht auch noch einmal) in Speyer auftreten? —Schreiben Sie uns doch mal unter der E-Mail-Adresse redspe@rheinpfalz.de unter dem Betreff „Rock’n’Roll“ oder auf Facebook. Die spannendsten Beiträge greifen wir im Laufe unserer Serie auf.

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