Speyer Super Stimmung zum Start

Sie wissen sich auch musikalisch zu helfen: Christian Gruber, William Ledbetter und Bernhard Vanecek (von links) von der Selbsth
Sie wissen sich auch musikalisch zu helfen: Christian Gruber, William Ledbetter und Bernhard Vanecek (von links) von der Selbsthilfe-Gruppe.

Gelungener hätte der Auftakt zum 25. Kulturbeutel-Festival in Speyer nicht sein können. Die Selbsthilfe-Gruppe und The Rosevalley Sisters haben die Stimmung in den ausverkauften Ausweich-Spielort Heiliggeistkirche gebracht, die ein Fest ausmacht: 13 hoch motivierte Mitwirkende auf der Bühne, ein begeistertes Publikum davor.

Geordnetes Chaos auf der Bühne. Das angesagte Konzert geriet zur Jam-Session. So ungewöhnlich wie genial war der Auftritt der Bands aus der Pfalz. Für die Rosevalley Sisters war es eine Speyer-Premiere, für die Männer eine fröhliche Wiederkehr in die Domstadt. Mehr Instrumente als Menschen ließen Besucher, Angehörige und Freunde und musikalische Gäste aus dem Staunen nicht heraus kommen. Moderator und Posaunist Bernhard Vanecek würzte das unschlagbare Menü mit amüsanten Anekdoten, Andeutungen und Anschlägen auf die Lachmuskeln. Mitgebracht hatte er Posaunen-Nachwuchstalent Gabriel, der vor lauter Begeisterung über gelungene Passagen schier ausrastete. William Ledbetter, deutscher Lehrer mit Wurzeln in North-Carolina und nicht zuletzt Sechzehntel-Indianer, ließ als anerkannter „Elvis“ der Gruppe Frauenherzen höher schlagen. Christian Gruber, RHEINPFALZ-am- SONNTAG-Redakteur, erwies sich als instrumentales Multitalent. Der Wechsel zwischen Mundharmonika, Waschbrett, Djembe oder Cajon – für ihn so selbstverständlich wie gesangliche oder moderate Unterstützung der Kollegen. Special Guest Taifun spielte so hinreißend auf der Oud oder der Darbuka, der türkischen Bechertrommel, dass er – wie auch Selbsthilfe-Gruppe-Mitglied Wolle Steiner für sein Ukulelen-Solo - stürmischen Zwischenapplaus erhielt. „Bei mir bis du schön“, sangen Katrin Wilking, Saskia Wrobel und Sarah Heinz inbrünstig wie selbstironisch. Die Rosevalley-Sisters waren Ohren- und Augenschmaus zugleich. Was manchmal leicht und manchmal urkomisch wirkte, war präzise choreografiert und gesanglich auf den Punkt gesetzt. Das Outfit der drei Damen aus der Pfalz perfekt abgestimmt, ihr knallrotes Schuhwerk absoluter Hingucker, der deutliche Männerüberschuss auf der Bühne für die wahlverwandten Schwestern kein Problem. Ihre Weiblichkeit kam zwischen der Testesteron-lastigen Selbsthilfegruppe ganz besonders gut zur Geltung. Sie huldigten dem Calypso und Boogie Woogie, sangen wie typische Amerikanerinnen und ließen auch den Sechzehntel-Indianer mit Country-Rock am Mikrofon gelten. Ein Trinklied auf die Melodie von „Happy Birthday“ oder „Rum and Coca Cola“ waren Bühnenhöhepunkte der Extraklasse. Neben all dem Frohsinn kam auch das von Vanecek an diesem Abend vielzitierte Herz nicht zu kurz. Mit dem Gospel „Swing Low Sweet Chariot“ berührten die Musiker die Seelen ihrer Zuhörer. Irgendwann, nach etwa drei Stunden und der einen oder anderen Zugabe, sollten die Lichter der Heiliggeistkirche erlöschen. Das wollte Schlagzeuger Rainer Kircher nicht unkommentiert zulassen. Seine persönliche Einschätzung der Problemlösung in der Selbsthilfe-Gruppe mit freundlicher Unterstützung des Bassisten Sebastian Diehm war unerbittlich, ausschweifend und an Komik kaum zu überbieten. Wirklich ein Kulturfest, das Lust auf ein Wiedersehen mit Selbsthilfe-Männern und singenden Schwestern gemacht hat.

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