Speyer Sprechen wie Rumpelstilzchen

Gestenreich: Michaela Striebich gibt Tipps fürs Vorlesen.
Gestenreich: Michaela Striebich gibt Tipps fürs Vorlesen.

Sie sollen Gleichaltrigen Lust aufs Lesen machen, sie für Bücher begeistern: Lese-Scouts, was soviel heißt wie Lese-Pfadfinder. 14 Mädchen und Jungen aus der Realschule plus in Dudenhofen werden so eine Pfadfinderrolle übernehmen. Die „Stiftung Lesen“ hat die Jugendlichen gestern darauf vorbereitet.

Wenn im Text steht, dass Rumpelstilzchen schreit, dann müssten die Worte des kleinen Wichts lauter gelesen werden, überlegen Eyüp und Janik. Sprecherzieherin Michaela Striebich stimmt zu. „Rumpelstilzchens Stimmung ist ausgelassen“, ergänzt sie und weist die beiden Jungen darauf hin, wie die Stimme klingen sollte. Dann überlegt sie mit ihnen, wo kurze Pausen sinnvoll sind, damit Zuhörer gut folgen können. Vor dieser Textarbeit in Zweier-Teams haben die neun Mädchen und fünf Jungen schon eine Menge gelernt übers „Stimm(ungs)volle Vorlesen“, wie der Titel des Workshops lautet. Nach Lockerungsübungen für Körper und Stimme suchen die Schüler nach ihrer Stimmlage – sozusagen dem persönlichen Brustton der Überzeugung. Das ist wichtig. „In unserer Stimmlage können wir mühelos sprechen und gut betonen“, erläutert die Sprechtrainerin. Unsere Stimme gehorcht uns nicht immer, lässt sich aber ganz gut durch Gesten beeinflussen und steuern, verrät Michaela Striebich. Als Praxisübung sprechen die Schüler einen Text mit weit ausladenden Bewegungen. Die Expertin hat noch mehr Tipps auf Lager. Nach jedem Satz ein, zwei Sekunden Pause machen, lautet einer. Mit den Siebt- und Achtklässlern erarbeitet sie weitere wichtige Punkte für gutes Vorlesen: Sprechtempo, Lautstärke und nicht zuletzt die richtige Betonung. Ohnehin sollten Vorleser den Text bereits kennen, den sie zum Besten geben. Vorab sollten sie sich Notizen machen und unter anderem herausfinden, in welcher Stimmung sich die Figuren befinden. Sind sie ängstlich, traurig oder glücklich? Das lässt sich mit der Stimme ausdrücken, sagt die Sprecherzieherin. Der Workshop hat einen ganz besonderen Anlass, berichtet Lehrerin Lydia Mainitz, die an der Realschule plus für die Leseförderung zuständig ist. Die Grundschule Hanhofen hat die Dudenhofener gefragt, ob die großen Realschüler am bundesweiten Vorlesetag für die kleineren Grundschüler vorlesen können. So wird Mainitz mit den Workshop-Teilnehmern am 16. November in den Nachbarort ziehen, um den Wunsch zu erfüllen. Die Aktion kommt aber nicht nur den Grundschülern zugute. „Leseverstehen ist ein Problem“, weist Mainitz auf eine Herausforderung an der Realschule plus hin. Entwickelt wurde die Lese-Scout-Initiative vor 16 Jahren vom rheinland-pfälzischen Bildungsministerium und der „Stiftung Lesen“. Die Idee: Nicht Lehrer oder Eltern sollen Kinder und Jugendliche fürs Lesen begeistern, sondern Gleichaltrige. Glen (13) kann sich vorstellen, in Zukunft seiner kleinen Schwester vorzulesen. „Macht Spaß“, lautet sein knappes Urteil über den Workshop. Er findet es gut, dass er die Lesetechniken noch einmal auffrischen kann. Alyson (14) findet spannend, welche Rolle der Körpereinsatz beim Vorlesen spielt. Mit dem Erlernten will sie fortan Aufmerksamkeit bei den Zuhörern erzeugen. Hira (13) will versuchen, die Stimmungen in einem Text gut rüberzubringen.

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