Speyer Speyer: Junge Musiker aus Kazan kommen wieder und musizieren auch hier unter Leo Kraemer

Machen sich am 4. September auf die 3.480 km lange Reise von Kazan über Moskau und Minsk nach Deutschland: 107 Musikstudenten. H
Machen sich am 4. September auf die 3.480 km lange Reise von Kazan über Moskau und Minsk nach Deutschland: 107 Musikstudenten. Hier proben sie im heimischen Konzertsaal das Beethoven/Bruckner-Programm unter der Leitung von Leo Kraemer.

Präludium: PalatinaKlassik hat wieder Chor und Orchester des Konservatoriums Kazan zu Gast. Am Freitag startet in Speyer die Konzerttour mit einem Auftritt im Historischen Museum. Neben Kirchenwerken von Beethoven und Bruckner gibt es auch Russisches.

Die Konzerte

Am Freitag, 6. September, um 19 Uhr musizieren Chor und Orchester des Konservatoriums aus Kazan zusammen mit dem PalatinaKlassik-Vokalensemble und dem Philharmonischen Chor an der Saar unter Leitung von Leo Kraemer Werke von Beethoven (C-Dur-Messe) und Bruckner (Te Deum) im Historischen Museum in Speyer. Der Chor aus Kazan wird mit russischem A-capella-Gesang zu hören sein. Solisten sind Ekaterina Kuridze, Sopran, Susanne Schaeffer, Mezzosopran, Oscar de la Torre, Tenor, und Heikki Kilpeläinen, Bass. Am Samstag, 7. September, 18 Uhr, erklingt das Programm in Püttlingen in der Liebfrauenkirche und Sonntag, 8. September, 17 Uhr, in Hülzweiler in der St. Laurentiuskirche. Am Dienstag, 10. September, 19 Uhr, ist in der Eußerthaler Zisterzienser-Abteikirche ein Auftritt ohne Bruckners Te Deum. Das Konzert wird am Montag, 16. September, in Rom in der päpstlichen Basilica Sant Ignazio di Loyola in campo marzio beim Festival Musica e arte sacra zu hören sein.

Das Konservatoriums Kazan

Das Staatliche N.G. Zhiganov Konservatorium Kazan, dessen Ensembles seit Jahren in Speyer auftreten, wurde 1945 von dem Komponisten Nazib Gayazovich Zhiganov gegründet. Bis 1988 leitete er die Institution. 2000 wurde das Konservatorium nach ihm benannt. Seit 1989 ist Rubin Abdullin der Rektor, ein tatarischer Organist. Zu den Absolveten gehören unter anderem die Komponistin Sofia Gubaidulina und der Komponist, Pianist und Dirigent Mikhail Pletnev. Unterrichtet werden an dem Konservatorium auch Folkinstrumente und traditionelle tatarische Musik. Kazan an der Wolga ist die Hauptstadt der autonomen Republik Tatartsan in Russland.

Die Werke

Beethoven hat zwei Messen komponiert, die berühmte Missa solemnis op. 123 und jene in C-Dur op. 86. Diese entstand 1807 – wie die sechs späten Messen von Joseph Haydn – für den Fürsten Nikolaus Esterházy zum Namenstag von dessen Gattin und wurde ebenfalls in Eisenstadt uraufgeführt. Das Fürst war von der Messe nicht unbedingt entzückt: „Aber, lieber Beethoven, was haben Sie denn da wieder gemacht“, soll er gesagt haben. Beethoven soll erbost gewesen und aus Eisenstadt abgereist sein. E. T. A. Hoffmann, ein „Chefideologe“ der Kirchenmusik Anfang des 19. Jahrhunderts, schrieb zum Agnus Dei, er vernehme „ein Gefühl der inneren Wehmut, die aber das Herz nicht zerreisst, sondern ihm wohlthut, und sich, wie der Schmerz, der aus einer andern Welt gekommen ist, in überirdische Wonne auflöst“. Am Ende des Agnus Dei greift Beethoven die Musik des Kyrie vom Beginn wieder auf.

„Wenn mich der liebe Gott einst zu sich ruft und fragt: ,Wo hast du die Talente, die ich dir gegeben habe?’, dann halte ich ihm die Notenrolle mit meinem Te Deum hin, und er wird mir ein gnädiger Richter sein“, das soll Anton Bruckner über seine Vertonung des ambrosianischen Lobgesangs aus dem Jahr 1881 gesagt haben. Seine fünfteilige Komposition in C-Dur gehört zu seinen bekanntesten Werken und ist geprägt von archaischer Größe, kontrapunktischer Kunst und meditativen lyrischen Partien. Am Ende stehen zu „In te domine speravi, non confundar in aeternum“ (Auf dich, o Herr, habe ich meine Hoffnung gesetzt. In Ewigkeit werde ich nicht zuschanden) eine ausgedehnte Fuge und ein erhabener Erlösungsschluss. Der Schlusssatz des Textes steht an den Wänden in der Gruft in St. Florian bei Linz, wo Brucker begraben ist. Die grandioseste Aufnahme des Werks machte übrigens Herbert von Karajan 1975 mit Peter Schreier (der war auch schon im Speyerer Dom mit Leo Kraemer zu hören) als dem besten aller Tenorsolisten auf Platte.

Kazan und russische Musik

Der Chor des Konservatoriums Kazan wird in seinen Konzerten in diesem Jahr auch russische Musik singen. Russische Musik aus Kazan liegt auch vor bei einer sagenhaften Gesamtaufnahme der 15 Sinfonien von Dmitri Schostakowitsch auf 13 CDs. Der oben erwähnte Nazib Gayazovich Zhiganov initierte auch die Gründung des Tatarstan National Symphony Orchestra, das 2016 in Kazan unter seinem Leiter Alexander Sladkovsky die Schostakowitsch-Sinfonien einspielte. Es gibt ja längst eine ganze Reihe zyklischen Einspielungen – und nicht mehr nur aus Russland, doch diese beim russischen Label Melodia erschienene ist eine ganz besondere. Sie ist kompakt und plastisch im Klang, vor allem aber extrem spannungsgeladen und leidenschaftlich im Ausdruck. Die existenzielle Tiefe und Betroffenheit dieser Musik wird von Sladkovsky und dem exzellenten Orchester aus Kazan mit großer Intensität vergegenwärtigt. Auch diese Box demonstriert die Bedeutung und den Rang der Musikstadt Kazan, die– wie Leo Kraemer betont – neben Moskau und St. Petersburg die dritte große Metropole der Tonkunst in Russland ist.

Karten

Karten für die Konzerte gibt es beim RHEINPFALZ-Ticket-Service, unter www.reservix.de, Telefon 01806 700 733, www.palatina-klassik.eu, Telefon 06232 36225 und an der jeweiligen Abendkasse.

Im Schulhaus in Ansfelden bei Linz 1824 geboren und 1896 in Wien gestorben: der Komponist Anton Bruckner.  Foto: DPA
Im Schulhaus in Ansfelden bei Linz 1824 geboren und 1896 in Wien gestorben: der Komponist Anton Bruckner.
Dem Auftraggeber gefiel die C-Dur-Messe nicht: Beethoven grollte. Hier eine Lithographie des Künstlers Volker Heinle.  Foto: VHG
Dem Auftraggeber gefiel die C-Dur-Messe nicht: Beethoven grollte. Hier eine Lithographie des Künstlers Volker Heinle.
x