Speyer Schwermut und Unerbittlichkeit

Zwei Gitarren, eine Leidenschaft: Karl Kemmerer und Marcus Schneider haben sich gestern Vormittag im voll besetzten Speyerer Zimmertheater vor dem Liedermacher Hannes Wader verbeugt. Mit zeitkritischen Liedern aus fünf Jahrzehnten haben die Mitglieder der Gruppe Siebenpfeiffer die Besucher zwei Stunden lang begeistert.

Die Auswahl aus unzähligen von Wader selbst oder Musikerfreunden geschriebenen Texten und Melodien hat den Ausschlag gegeben. Die für Wader typische Schwermut lag ebenso über dem Zimmertheater wie sein Gefühlsreichtum, sein Zorn und seine Unerbittlichkeit. Neben Waders „Hits“ hatten sich Kemmerer und Schneider für weniger bekannte Lieder entschieden, die aufrüttelten, berührten und nachdenklich machten. Das Zusammenspiel gelang den Künstlern besser als die Abstimmung ihres Programms. Immer wieder änderte Kemmerer den Ablauf spontan, nur mühsam konnte Schneider dem Bühnenkollegen dabei folgen. Dennoch entwickelte sich die Atmosphäre voller Melancholie, Sehnsucht und Zynismus, die Wader-Kenner schätzen. Anhand der Texte nahm Kemmerer das Publikum mit auf eine Zeitreise in die eigene Jugend und jene der meisten Zuhörer. Zahlreiche Besucher fanden sie in Liedern wie „Damals“ und „Es ist an der Zeit“, der Hymne der deutschen Friedensbewegung der 1980er Jahre, wieder. Auch eine Liebeserklärung an Weißenburg war zu hören. „Kleine Stadt“ hat Wader sie genannt. Da treffe der Liedermacher sich einmal jährlich mit Musikerfreunden, erklärte Kemmerer. Die Künstler ließen weder Waders kommunistische Vergangenheit und seine spezielle Einstellung zu Frauen noch seine frühe Auseinandersetzung mit dem Tod aus. „Freunde, Genossen“, „Im Garten“ und „Kleines Testament“ waren eindrucksvolle musikalische Belege dafür. Am schönsten wurde es, wenn beide Musiker gemeinsam spielten und sangen. Schneiders unaufgeregte Gitarrenbegleitung war vergleichbar mit Waders legendärem, vor zwei Jahren verstorbenen Gitarristen Werner Lämmerhirt, seine Soloeinlagen ebenso. Kemmerer sang voller Inbrunst und setzte Plektren, Finger-Picks oder Kapodaster großzügig ein. Mit Waders von allen gesungener deutscher Version von Pete Seegers „Sag mir wo die Blumen sind“ endete die Hommage an einen großen Liedermacher. Seine Texte haben nichts an Aktualität verloren.

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