Speyer Nicht nur Laura glänzt durch Abwesenheit

Schwerer Stand in Speyer: Nek musste hart um die Gunst des Publikums kämpfen.
Schwerer Stand in Speyer: Nek musste hart um die Gunst des Publikums kämpfen.

Damit hatten zweifellos auch die Veranstalter beim Radiosender SWR 1 nicht gerechnet, die den seinerzeit 27-Jährigen aus der Region Emilia-Romagna sicherlich auf der Grundlage seiner damaligen Präsenz in den Hitparaden verpflichtet hatten. Zwei Jahre zuvor war Nek mit „Laura non c’é“ bekannt geworden. Mit dem Lied über eine verflossene Liebe, das auf einer wahren Begebenheit beruht, war der Sänger mit bürgerlichem Namen Filippo Neviani beim alljährlichen Songfestival im italienischen San Remo zwar nur Siebter geworden. In den offiziellen Verkaufscharts seiner Heimat hatte er es allerdings anschließend glatt auf Platz eins geschafft, und auch in Deutschland war der Song unter die ersten Zehn gekommen. Im Grunde erstaunlich genug, tat die deutsche Musikindustrie sich vor 19 Jahren mit der Vermarktung italienischer Rock- und Pop-Künstler doch schon genau so schwer wie heute. Alle Sänger standen im langen Schatten Eros Ramazzottis – des einzigen Landsmanns, der nördlich der Alpen seit Jahren kontinuierlich erfolgreich war. Bei den Frauen sah es noch schlechter aus: Gianna Nanninis größte Zeit war vorüber, aber die deutschen Plattenfirmen versagten auf ganzer Linie, als sich ihnen die Chance geboten hätte, jüngere Künstlerinnen aus Italien, die in ihrem Land, im Mittelmeerraum und vielfach auch in Lateinamerika gut ankamen, dem heimischen Publikum zu präsentieren. So entging den deutschen Hörern schon damals viel gute Musik, und daran hat sich bis zur Gegenwart nichts geändert. Nek jedenfalls hatte womöglich schon so eine Ahnung, was ihn in Speyer erwartete. So erteilte er in einem RHEINPFALZ-Interview unmittelbar vor seinem Auftritt den seinerzeit allgegenwärtigen Vergleichen mit Ramazzotti sowie gängigen Italien-Klischees von Sommer, Sonne und Strand eine deutliche Absage. „Ich selbst bin mit englischsprachiger Musik aufgewachsen. Mein älterer Bruder hat da einen großen Einfluss ausgeübt. Geprägt haben mich Musiker wie Police und Sting, U 2, Yes, R.E.M. oder The Clash“, erzählte er. Zugleich habe er als Italiener durchaus ein melodiegeprägtes Musikverständnis im Kopf. Auf seinen Platten versuche er eine Mischung aus beiden Stilarten – Popmusik und Rock’n’Roll – zu verwenden, für die er italienische Texte und Arrangements benutze. Nek fügte hinzu: „Ich bemühe mich schon, viele Melodien in meinen Songs unterzubringen, und leichte mit richtig rockiger Musik zu kombinieren. Aber mein Kennzeichen ist eigentlich der typisch englische Sound der 80er Jahre.“ Genau nach diesem Sound stand aber offenbar etlichen der rund 3000 Zuschauer gegen 22 Uhr an diesem Samstagabend der Sinn nicht mehr so sehr. Jedenfalls hatte Nek anfangs auf der Bühne einen erkennbar schweren Stand. Erst mit der Zeit besserte sich das etwas: Zu Hits wie „Se io non avessi te“ und „Se una regola c’é“ klatschte das Publikum immerhin mit. Und als der Italiener musikalisch beklagte, dass auch am Rhein von Laura keine Spur war, sangen diejenigen, die geblieben waren, zumindest den Refrain von „Laura non c’é“ mit. Am Ende blieb trotz eines einwandfreien und engagierten Auftritts des Italieners ein zwiespältiges Gefühl – zumal in Neks letzten Zugabeminuten nach gut zwei Stunden auch der große Regen einsetzte. Viele Beobachter waren sich darin einig, dass der Fehler in der Programmzusammenstellung lag: Offensichtlich hatten die Veranstalter die Zugkraft des Italieners über- und jene der zeitlich vor ihm platzierten, in den Augen vieler Festivalbesucher aber eigentlichen Hauptattraktion Manfred Mann’s Earth Band unterschätzt. Dazu mehr im nächsten Serienteil. Nek jedenfalls zählt in Italien nach wie vor zu den etablierten Rock- und Popmusikern. Sein 13. Studioalbum „Unici“ ist vor zwei Jahren erschienen. In der deutschen Hitparade dagegen war er im Jahr nach dem Speyerer Konzert zum letzten Mal notiert. Kontakt —Jetzt sind Sie gefragt, liebe Leser: Waren Sie bei diesem Konzert dabei? Verbinden Sie eine Erinnerung mit Nek? Und wer sollte Ihrer Meinung nach unbedingt einmal (oder vielleicht auch noch einmal) in Speyer auftreten? —Schreiben Sie uns doch mal unter der E-Mail-Adresse redspe@rheinpfalz.de unter dem Betreff „Rock’n’Roll“ oder auf Facebook. Die spannendsten Beiträge greifen wir im Laufe unserer Serie auf.

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