Speyer Neuer Kabs-Chef: „Wir sind die besten Chaos-Manager“

Wird zur Bekämpfung von Stechmücken eingesetzt: Hubschrauber der Kabs.
Wird zur Bekämpfung von Stechmücken eingesetzt: Hubschrauber der Kabs.

39 Jahre lang war Norbert Becker das Gesicht der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs). Seit Januar ist Nachfolger Dirk Reichle im Amt. Bereits vor Beginn der Schnakensaison hat der neue Wissenschaftliche Direktor alle Hände voll zu tun.

Viel Zeit hat Dirk Reichle nicht gehabt, sich zu überlegen, ob er Nachfolger von Norbert Becker als wissenschaftlicher Direktor der kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs) werden möchte. Vor drei Jahren habe ihn Becker auf der Regionalleiterkonferenz gefragt und ihn immerhin eine Nacht Bedenkzeit gegeben. Zu dem Zeitpunkt hatte Reichle schon fast 30 Jahre Kabs-Erfahrung, wusste, worauf er sich einlässt und hat mehr oder weniger spontan Ja gesagt. Seit Januar ist der 54-Jährige im Amt.

Seit Anfang des Jahres ist er nun jeden Tag rund zehn bis zwölf Stunden bei der Kabs in Speyer. Obwohl die Schnakensaison erst im März beginne, gebe es jede Menge zu tun: Vorträge vorzubereiten, Daten für Behördenanfragen zusammenzustellen, die Digitalisierung der Verwaltungsarbeit der Kabs voranzutreiben. Einen Strategiewechsel werde es nicht geben. „Ich will die Kabs nicht umkrempeln, sie liefert gute Arbeit“, sagt Reichle. Stechmücken werde es immer geben, vieles sei nicht vorhersehbar, aber, so versichert Reichle: „Wir sind die besten Chaos-Manager, die es gibt.“

Verärgert über „Fake News“ und emotionale Diskussionen

Reichle ist mit Begeisterung Schnakenbekämpfer. Was ihn an seinem Job ärgert, seien ungerechtfertigte Kritik, emotionale Diskussionen über Stechmückenbekämpfung, ohne Argumente überhaupt zu hören und „Fake News“. Unterkriegen lässt er sich nicht, auch nicht von Schnaken. Inzwischen reagiere er längst nicht mehr auf Schnakenstiche. Aber die Plagegeister können ihn immer noch auf die Palme bringen. So habe er einmal am Chiemsee Fallen aufgestellt. „Wir haben es noch nicht einmal geschafft, den Kofferraum zu öffnen, bevor uns 500 Schnaken um den Kopf geflogen sind. Bei aller Coolness, da ist man nicht mehr cool.“

Die Schnakenbekämpfung hat er von der Pike auf gelernt. Aufgewachsen in Heddesheim, wo er heute noch wohnt, hat Dirk Reichle Biologie in Heidelberg studiert und zusammen mit seinen Studienfreunden Andreas Arnold und Matthias Beck ein Hauptseminar bei Norbert Becker besucht. Der habe damals Werbung für die studentische Schnakenwehr gemacht und so haben die drei Männer bei der Kabs begonnen, Stechmückenlarven zu Fuß mit der Rückenspritze zu bekämpfen.

Riesenbeule nach Stich: Anfänge waren nicht leicht

Das sei ein schöner Zuverdienst gewesen, doch mitunter eine harte Zeit, erzählt Reichle. Er sei damals noch ein „Weichei“ gewesen, habe sich ein Moskitonetz um den Kopf drapiert, um sich vor den Stichen der Plagegeister zu schützen. „Die Leute haben sich lustig über mich gemacht. Ein Schnakenstich und ich hatte gleich eine Riesenbeule“, erzählt er. Seine Diplomarbeit hat er nicht über Stechmücken gemacht, sondern beim Landesamt für Umwelt Baden-Württemberg über die Auswirkung von Zellstoffabwässern auf Süßwasserorganismen. Eigentlich hätte er dort auch promovieren wollen, was aber letztlich an der Finanzierung des Projektes gescheitert sei.

So ist er Stück für Stück mehr in die Schnakenbekämpfung bei der Kabs eingestiegen und hat für die Unternehmenstochter Icybac Projekte außerhalb des Kabs-Gebietes übernommen. Er wurde Kommunalleiter, Distriktleiter und schließlich Regionalleiter für Hessen. Auch seine Studienfreunde sind einen ähnlichen Weg gegangen. Arnold ist Regionalleiter für Nord-Baden, Beck für Süd-Baden. „Wir sind ein gutes Team“, sagt Reichle und das sei auch einer der Gründe gewesen, Ja zu sagen zu dem Angebot der Becker-Nachfolge.

Und es gebe tatsächlich noch ein Leben für ihn außerhalb der Schnakenbekämpfung. Da sind die drei Patenkinder, mit denen er gerne Zeit verbringt. 25 Jahre lang war er Vorstand eines Minigolf-Vereins. Hin und wieder sieht man ihn auch mit Kameraausrüstung in den alten Mannheimer Hafenanlagen herumlaufen. „Ich fotografiere gerne Natur und Zeugnisse alter Industriekultur und arbeite an einem Bildband über den Mannheimer Hafen.“ Außerdem interessiert er sich für Moderne Kunst und Musik, besucht Ausstellungen und geht auf Rock- und Blues-Konzerte.

Seit Januar Kabs-Chef: Dirk Reichle.
Seit Januar Kabs-Chef: Dirk Reichle.
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