Speyer Lingenfeld: Kaum noch Platz für Neubaugebiete

Ortskern von Lingenfeld: Grundstücke im Zentrum werden laut Bürgermeister für Bauherren zunehmend interessant.
Ortskern von Lingenfeld: Grundstücke im Zentrum werden laut Bürgermeister für Bauherren zunehmend interessant.

Bevölkerung im Wandel (4): Binnen 60 Jahren hat Lingenfeld seine Einwohnerzahl ungefähr verdoppelt. Doch mittlerweile stößt der Ort an seine räumlichen Grenzen. Eine gute Bahn-Verbindung sowie ein Bürgerbus sind Pluspunkte für eine alternde Bevölkerung. Verbesserungsbedarf sieht Ortsbürgermeister Erwin Leuthner (CDU) beim Thema Nahversorgung.

«LINGENFELD.»Knapp 6000 Einwohnern hat Lingenfeld heute und ist damit vergleichbar mit Dudenhofen einige Kilometer weiter nördlich. Dabei sind die beiden Ortsgemeinden nicht immer im Gleichschritt gewachsen. Schon vor 200 Jahren war Lingenfeld ein stattlicher Ort mit über 1200 Einwohnern gewesen, in Dudenhofen wohnten damals nur 700. Ein Jahrhundert später waren die Lingenfelder mit dann rund 1800 Einwohnern hinter den Nachbarn zurückgefallen. Bis ins Jahr 1970 wuchs das Dorf bei Germersheim auf rund 3800 Einwohner an, ähnlich wie die Gemeinde vor den Toren Speyers. Doch während Dudenhofen bis Mitte der 1980er Jahre fast explosionsartig auf über 5000 Einwohner anschwoll, stagnierte Lingenfeld zeitweise. Zwischen 1976 und 1983 schrumpfte die Einwohnerzahl sogar kontinuierlich. Ein starkes Wachstum bis Mitte der 1990er Jahre verringerte den Rückstand. 5851 Menschen hatten zum 31. Dezember 2017 laut Einwohnerstatistik ihren Hauptwohnsitz in Lingenfeld (Dudenhofen: 6096). Wie andernorts hat sich die Altersstruktur der Lingenfelder Bevölkerung in den vergangenen 40 Jahren stark gewandelt: Ein Drittel der Einwohner war 1975 unter 20 Jahre alt, heute ist es nur noch ein Fünftel. Und war damals nur etwas mehr als jeder Zehnte älter als 65, so sind es heute 18 Prozent, also ebenfalls fast ein Fünftel. In den zehn Jahren ab 1975 lag die Anzahl der Geburten nur in drei Jahren über 40. Dafür setzte Ende der 1980er Jahre ein regelrechter Babyboom mit um die 60 Neugeborenen pro Jahr ein. 1995 kamen laut Statistischem Landesamt sogar 72 Kinder zur Welt. Ganz so hoch sind die Zahlen heute nicht mehr, doch auf das Niveau der späten 1970er und frühen 1980er sind sie nicht mehr gefallen. So sind für das Jahr 2015 stolze 60 Neugeborene verzeichnet. Weniger stark geschwankt hat die Anzahl der Verstorbenen pro Jahr. Sie steigt eher stetig. 1975 gab es übers Jahr 37 Todesfälle in Lingenfeld, 2015 waren es 61. Rund 8,7 Prozent der Lingenfelder haben keinen deutschen Pass. Dass sind etwas weniger als im landesweiten Durchschnitt ähnlich großer Gemeinden. Katholisch waren knapp 44 Prozent, 2005 waren es noch zehn Prozentpunkte mehr. Evangelisch sind derzeit gut 20 Prozent, ihr Anteil ist nicht so stark gesunken. Nahversorgung „unbefriedigend“ Die Entwicklung der Einwohnerzahl in den vergangenen 40 Jahren – zuerst stagnierend, dann stark wachsend – erklärt Ortsbürgermeister Erwin Leuthner (CDU) so: „Das Baugebiet südliche Heidenäcker hat eine circa zehnjährige Planungsphase in Anspruch genommen. Bis zur Eröffnung gab es einen ,Stau’ von Bauwilligen, vorwiegend aus der heimischen Bevölkerung. Mit über 260 Wohneinheiten war das Baugebiet ein richtungsweisendes Signal.“ Für Neubürger von außen sei Lingenfeld erst nach und nach interessanter geworden: durch den Kiesabbau, die Errichtung des Hallenbads oder den Bau der B 9 als Umgehung. Das Seniorenheim ist ein Faktor, mit dem Lingenfeld beim Thema Leben im Alter punkten kann. Außerdem denkt die Ortsgemeinde laut Leuthner „über ein Wohngebiet mit kleineren Wohneinheiten barrierefrei für Singles und Senioren nach“. Immer wichtiger werde der Bürgerverein der Verbandsgemeinde, mit dessen Bus sich Senioren zum Arzt oder zum Einkaufen fahren lassen können. Neben dem Seniorenbeauftragten sei außerdem ein Mehrgenerationenclub im Ort aktiv. Als „total unbefriedigend“ empfindet Leuthner derzeit hingegen die Nahversorgung. Schon länger wartet der Ortsbürgermeister auf die Erweiterung des örtlichen Rewe-Markts – dieses Jahr soll es nun soweit sein. Beim ehemaligen Pennymarkt, den die Ortsgemeinde erworben hat, gingen „die Planungen aktuell von Neuem los“. Er sei aber zuversichtlich, dass auch hier noch ein Markt von 1000 Quadratmeter Verkaufsfläche entstehen könne, so Leuthner. Alteingesessen seien zwei Bäckereien und eine Metzgerei im Ort. Die Anbindung mit Bus und Bahn ist für Leuthner „fast optimal“: „Zur Hauptverkehrszeit im Halbstundentakt nach Nord und Süd wegfahren zu können ist top.“ Städte in der Umgebung seien gut erreichbar. „Eine Steigerung wäre noch die Aktivierung der Bahnstrecke für S-Bahnen Richtung Landau“, findet Leuthner. Ein kleines Baugebiet entsteht aktuell auf dem Gelände des früheren Sägewerks. Mittlerweile ist abzusehen, dass Lingenfeld, was Baugebiete angeht, an seine räumlichen Grenzen stößt: „Die Wachstumspotenziale auf der grünen Wiese gehen dem Ende zu“, sagt Leuthner. Im Osten gebe es Beschränkungen durch Bahnlinie und Altrhein, im Westen durch ein Naturschutzgebiet, auch im Süden „geht nichts mehr“. Nach Norden seien nur noch kleinere Flächen im Bereich Sandgarten bis Bahnhof als Baufläche möglich. Stattdessen wird deshalb „der Innerortsbereich von Bauherrn immer mehr beachtet“, wie Leuthner festgestellt hat. Große Grundstücke, meist um 800 Quadratmeter, seien mit einer Altimmobilie derzeit günstiger zu bekommen als ein Bauplatz auf der grünen Wiese.

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