Speyer Intensiv, anrührend und politisch deutlich

Die Gruppe „Dichterzusammen“ ist doppeldeutig zu sehen und zu lesen. Die Gemeinschaft autodidaktischer Literaten aus Speyer und dem Rhein-Pfalz-Kreis hat im Speyerer „Philipp eins“ dem Titel ihrer Lesung alle Ehre gemacht: „Erwarte das Unerwartete 2.0“ hat sich in jeder Beziehung als stimmig erwiesen. Nur an Besuchern mangelte es.

„Ich glaube nicht, dass wir das in dieser Konstellation wiederholen“, sagte „Dichterzusammen“-Sprecher Pablo Riera auf RHEINPFALZ-Nachfrage angesichts des überschaubaren Publikums. Die Gruppe hatte sich nach dem Erfolg im vergangenen Jahr zur zweiten Lesung unter gleicher Überschrift in Kooperation mit der Buchhandlung Osiander entschlossen. Für die anwesenden Mitwirkenden und Zuhörer war es ein gelungener Abend. Begonnen hat er mit ziemlich hartem Rock der Spontan-Band „Unexpected“ (Unerwartet). Schlagzeuger Stefan Dinges, Bassist Jens Schröder und Gitarrist Nils Calles unterlegten zudem Rieras Texte musikalisch. Auch Autoren aus Ludwigsburg, Neustadt und Mannheim sowie Gastleser aus Speyer präsentierten Kostproben ihrer Poesie. Der Speyerer Künstler Stephan „Halwe“ Halbgewachs berührte die Zuhörer mit zwei pfälzischen Liedern über die Liebe. Wer Ilse Hebergers mühsamem Weg zum Lesepult auf der Bühne zugeschaut hat, sah sich unmittelbar in die Zeit der Pfälzer Mundartdichterin Lina Sommer versetzt. So eindrucksvoll wie die Entschlossenheit der mittlerweile körperlich gebrechlichen dichtenden Seniorin war ihre Lyrik. „Weit ist der Weg durch die Zeit“, trug sie intensiv und anrührend vor. Heiter dagegen wirkte die Geschichte vom „Familienstammbaum mit Hindernissen“, geschrieben von der Speyerer Autorin Susanna Hedrich. Amüsant wies sie darauf hin, künftig besser auf Friedhofs-Öffnungszeiten zu achten. „Ich bin im Herbst angekommen“, erklärte Katharina Mattich lyrisch. Franz-Josef Diehl überzeugte mit seiner analogen Erzählung aus der digitalen Welt, die auf einer wahren Begebenheit beruht. Guido Lill setzte politisch deutliche Wort-Zeichen. In Lyrik und Prosa schreiben „Dichterzusammen“-Mitglieder zwischen 30 und 90 Jahren seit 2002 . Ihre Literatur ist unverstellt, direkt und unterschiedlich. „Literatur ist überall“, hat Dagmar Strubel von „Osiander“ am Donnerstag betont. Wer den Texten der Vorleser zugehört hat, wusste, wie Recht sie hat.

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